Die Hugenotten auf Reisen


Header Section


Main Content

- Dubai 2003

 

Urlaub 2003 in Dubai                                     


Abflug


Es ist Samstag den 18.10.03 um 22.40 Uhr und unsere Maschine startet mit zwanzig Minuten Verspätung von Frankfurt in Richtung Dubai. Wir
fliegen mit den Emirates Airlines und die Araber wollen anscheinend bereits im Flugzeug mit ihrem Luxus protzen.
Die Maschine, die ca. 300 Fluggäste befördern kann ist recht komfortabel, allerdings herrscht wieder der gewohnte Platzmangel für meine langen Beine, sodass ich öfters im Gang spazieren gehe.
Damit die Flugzeit, es sollen sechs Stunden und fünf Minuten sein, schneller vergeht, schauen wir uns Videofilme an. Jeder Sitz hat in seiner Rückenlehne einen Bildschirm integriert, auf dem ca. zwanzig Filme, zwanzig Musikkanäle und zwanzig Spiele zur Auswahl stehen. An Zeitvertreib soll es also nicht mangeln.
Schon recht bald wird das Essen serviert. Die Stewardessen sind ein wenig im arabischen Stil gekleidet.
Ein Ärgernis ist allerdings die Belüftung. Es ist wirklich saukalt und fast alle Leute haben sich ihre Jacken angezogen. Leider habe ich keine dabei. Was soll ich auch in der Wüste mit einer Jacke, hatte ich mir gedacht. Ich konnte ja nicht wissen, dass wir mit einem fliegenden Kühlschrank unterwegs sind. Auch die zwei Decken, die ich mir umgehängt habe, helfen nicht besonders viel.

Heike, Michael und Lea sind ein wenig eingeschlafen. Ich selbst habe mir gleich zwei Cola reingekippt, da ich in dieser unbequemen Stellung sowieso nicht schlafen will. Lieber werde ich morgen am Swimmingpool ein paar Stunden dösen.
Zwei Typen eine Reihe vor uns haben ein bewährtes Schlafmittel eingenommen. Mit genügend Alkohol haben sie sich ihre Birnen abgefüllt. Wenn sie gerade mal wach sind keifen sie sich gegenseitig an. Ansonsten schlafen sie seligst.
Nach der Landung stellen wir fest, dass der größte Teil unserer Mitreisenden überhaupt nicht in Dubai bleibt, sondern sich sofort bei der Transitabfertigung einordnet um die direkte Weiterreise anzutreten.
Aha, ich vermute dass die zwei Saufnasen Richtung Thailand weiterfliegen. Dort kann ich sie mir mit ihren Schmierbäuchen ganz gut in einer Stripperbar vorstellen. Auf dem Tresen vor ihrer Nase haben sie ein paar Schnapsschoppen stehen und zwischen den Weibern spielen sie die deutschen Bonzen.


Vorm Flughafen hat uns TUI zwei Taxis bereitgestellt, die uns auch unverzüglich in unser Hotel chauffieren.
Vor sieben Jahren, als wir schon einmal in Dubai waren, haben wir im Jebel Ali Hotel übernachtet.
Ein schönes Hotel, direkt am Meer, allerdings vierzig Kilometer außerhalb Dubais.
Diesmal 
wollten wir das Jumeirah Beach Hotel ausprobieren.

Wir nähern uns dem Koloss und sind doch verwundert wieso es direkt in der Stadt steht. Es ist zwar Nacht, aber soviel ist sicher. Vor sieben Jahren stand es noch einige Kilometer vor den Toren Dubais.
Offenbar hat sich Dubai in rasender Geschwindigkeit ausgebreitet und das Hotel in seine Stadtfläche völlig integriert.
Es ist sechsundzwanzig Stockwerke hoch, hat sechshundert Zimmer und Suiten und soll mit achtzehn Restaurants ausgerüstet sein.



Die Lobby ist 90 Meter hoch und erstreckt sich über alle Stockwerke. Angeblich soll es auch mit fünfundsechzigtausend Quadratmetern Dekostoffen und mit sechstausend handbemalten Bildern verschönert sein. Am tollsten finde ich allerdings, dass alle Zimmer direkten Meerblick erlauben.




Einer der Fahrstühle ist gläsern und außen montiert.
Als wir ihn benutzen um in unsere Etage hochzufahren wird Heike kreidebleich und starrt nur die Fahrstuhltür an.
Bereits bei der Anfahrt zu unserem Hotel stellten wir fest, dass wir uns ständig dem Burj Al Arab näherten.
Unsere Zimmerwand zum Meer ist eine komplette Glaswand und als wir hinaus schauen  haben wir in voller Größe das Burj Al Arab vor unserer Nase.

 


Doch zunächst inspizieren wir unser Zimmer und sind auch sehr zufrieden.
Trotz des langen Fluges und der verlorenen Nacht fühlen wir uns noch so fit, dass wir uns gleich einmal das Stadtzentrum anschauen wollen.
Mehrmals täglich fahren hoteleigene Busse über verschiedene Haltepunkte in die Stadt und holen von dort auch wieder die Leute ab.
Wir wollen uns gleich einmal mit Gewürzen versorgen und lassen uns daher am Goldsouk, der direkt neben dem Gewürzsouk liegt, absetzen.
Die Goldmengen, die hier in den Schaufenstern ausliegen, sind schon beeindruckend. Das meiste davon ist in orientalischem Stil verarbeitet.

 


Verkauft wird zumeist nach Gewicht. Handeln ist üblich und schon im Preis mit einkalkuliert.
Obwohl die Werte in jedem Geschäft um ein vielfaches höher sind als die Werte in deutschen Schmuckgeschäften sind keine Vergitterungen oder sonstige größere Sicherheitsvorkehrungen zu erkennen.
Es ist nicht unser Ziel uns mit Edelmetall einzudecken, sondern wir wollen etwas für die Gaumenfreuden besorgen. Daher sind wir bestrebt auf kürzestem Weg zu den Gewürzen zu kommen.


Es ist erst 16.15 Uhr und gerade vor fünfzehn Minuten hat hier die Mittagspause geendet. Einheimische gehen bei der zur Zeit noch herrschenden Hitze nicht einkaufen. Logisch dass es deshalb auch recht ruhig hier zugeht.
Mit unserer Kamera in der Hand sind wir schon von weitem als Touristen zu erkennen und so werden wir für alle Straßenverkäufer zu einem Objekt der Begierde.
Ständig hängen uns mehrere dieser Typen an den Fersen. Sie sind nett, aber sie nerven uns dennoch.
Als hätte man jedem Einzelnen von denen genau das gleiche Tonband in die Kehle implantiert, dudeln sie alle im gleichen Tonfall den selben Text in unsere Ohren.
Ihr Aussehen ist indisch, iranisch oder pakistanisch.
In der Hauptsache sind es Uhren und Handtaschen, die sie uns verkaufen wollen. „Rolex, Rado, Cartier, Handbags,“ ruft jeder und deutet in eine Seitenstraße. Dort sind ihre Geschäfte in die sie uns locken wollen.
Nach dem etwa zehnten Verkäufer wird es mir nun doch zu bunt. Man kann sich ja überhaupt nichts anschauen, oder in Ruhe ein paar Worte wechseln ohne deren Gequake im Ohr zu haben.
Unhöflich will ich nicht sein, also denke ich mir, es sei das Beste, sie mit ihren eigenen Waffen zu schlagen.
Mit erhobener Stimme halte ich ihnen meine Videokamera vor deren Gesichter und äffe  sie in ihrem eigenen Tonfall nach.
„Videokamera, Kameras, very good quality, not expensiv,“ wiederhole ich immer wieder, sodass keiner von ihnen zu Wort kommt. Damit haben die Jungs nicht gerechnet, lachen kräftig und lassen schließlich von uns ab.
Ein paar Gassen weiter haben wir den Gewürzsouk erreicht. Es sind jetzt die Gewürzhändler, die uns in ihre Geschäfte locken wollen. Immerhin, da jeder doch ein etwas anderes Angebot hat, ist wenigstens deren Lockruf nicht immer der Gleiche.
Gewürze wollen wir ja sowieso kaufen, deshalb sind wir auch nicht abgeneigt in die Geschäft zu folgen.
 

Kardamom, Sternanis, Vanille, Muskat usw. stehen auf unserem Einkaufszettel. Um eine Preisvorstellung zu bekommen fragen wir auch gleich, was ein Gläschen Safran kosten soll. „Fünf Dirham,“ was etwa einem Euro und zehn Cent entspricht, gibt er uns zu verstehen. Auch alle weiteren Preise, die er uns nennt, merken wir uns und gehen weiter in den nächsten Laden.
Dort verlangt der Verkäufer für zwei Stangen Vanille zwanzig Dirham. Das ist glatt das Doppelte.  Wir lassen ihn stehen und gehen zum Nächsten. Plötzlich ist der Preis wieder auf zehn Dirham gefallen. Ich nehme jetzt vier Stangen und biete ihm fünfzehn Dirham.
Er tut so als wäre ich ein äußerst zäher Verhandlungspartner und würde seine ganze Familie in den Hungertod treiben. Sechzehn sei das Äußerste, gibt er mir zu erkennen.

Lächerlich, er kommt mir gleich um vier Dirham entgegen, will also das Geschäft sofort abschließen.
Normalerweise sollte ich in das nächste Geschäft gehen und dort nochmals von vorne anfangen, mit dem Ziel, vier Stangen für zehn Euro zu bekommen.
Aber ich bin zufrieden. Den Spaß, den wir bei dieser Art des Einkaufens hatten, lassen wir uns gerne auch etwas kosten. Ich ziehe fünfzehn aus der Tasche, mache ihm klar, dass ich keine sechzehn hätte und er ist auch noch damit einverstanden.

Es ist am besten immer in Dirham zu bezahlen. Die Händler nehmen aber auch zahlreiche andere Währungen an. Natürlich versuchen sie sich dann, wie überall in der Welt durch den Wechselkurs einen weiteren Preisvorteil zu verschaffen.
Besonders im Stadtzentrum gibt es zahlreiche Wechselstuben. Diese sind den Banken immer vorzuziehen, da sie einen wesentlich besseren Wechselkurs geben.
Als wir alle Gewürze zusammen haben, suchen wir uns ein Taxi für die Rückfahrt. Der Hotelbus kommt erst in einer Stunde und das dauert uns zu lange.
Es gibt Taxis mit und ohne Taxameter. Bei letzteren empfiehlt es sich immer den Preis vorm Einsteigen auszuhandeln. Bei unserem ersten Besuch waren diejenigen ohne noch eindeutig in der Überzahl. Jetzt ist es genau umgekehrt.
Wir erwischen eines mit Taxameter.

Nach dem Frühstück treffen wir den Reiseleiter von TUI. Wir wollen drei Ausflüge bei ihm buchen. Das soll reichen. Bei siebenunddreißig Grad Hitze halten wir es für besser uns hauptsächlich am oder im Wasser aufzuhalten.

Als dies erledigt ist gehen wir auch direkt zum Meer.
Während gestern das Wasser noch ganz ruhig war, kommen heute schöne Wellen von draußen herein.
Vor uns liegt ein herrlicher, weißer, feiner Sandstrand genau wie auf Sardinien.
Würde mich nicht wundern, wenn die Ölmultis das Zeug von irgendwo hierher geschafft hätten.
Es macht Spaß sich von den Wellen treiben zu lassen. Als uns die Erste unter Wasser drückt müssen wir erst einmal kräftig spucken.
Puhh, das ist ja wie Salzwasserkonzentrat. Es brennt in den Augen und schmeckt extrem nach Salz.
Hervorgerufen wird dies durch die zahlreichen Entsalzungsanlagen, mit deren Hilfe sich die Emirate das nötige Süßwasser besorgen.
Das ist dringend notwendig. Die Emirate zählen, obwohl sie kaum im Besitz von Süßwasser sind, mit zu den weltweit größten Wasserverbrauchern pro Kopf.
Nach etwa einer Stunde brechen wir unser Strandlager ab und gehen in den Wild Wadi Park der genau gegenüber liegt und sich unmittelbar an unser Hotel anschließt.
Der Park darf von den Gästen des Jumeirah Beach und des Burj Al Arab kostenlos mitbenutzt werden.
Die Kinder haben die riesigen Rutschen gesehen und drängen darauf, dass wir doch endlich hinein gehen sollen.
 

Auf Gummireifen und Wasserstrahlen kann man sich durch ein riesiges Labyrinth von Rutschen jagen lassen. An den Steigungen ist Lea am schnellsten unterwegs. Je leichter man ist, desto flotter wird man vom Wasser mit nach ganz oben gerissen.
Bis auf Heike, die es sich lieber auf den Liegen im Schatten gemütlich macht, lassen wir uns alle durch den Park schleudern.
Michael hat es außerdem eine künstliche Surfbahn besonders angetan.
 

Die Riesenrutsche, auf der man auf dem Hintern, ohne jeden Untersatz eine Geschwindigkeit von bis zu sechzig Kilometern pro Stunde erreichen kann, probieren wir nur einmal aus. Das hat uns gereicht.
Mein Hinterteil spüre ich noch ein paar Tage und meine Badehose, die mir übrigens fast bis an die Ohren hochgerutscht ist, weist eindeutige Schmauchspuren auf.

 


Ich beobachte ein paar nachfolgende Wagemutige und stelle fest: Denen geht es auch nicht besser.
Während das männliche Geschlecht bemüht ist sein Gehänge zu richten, versuchen die weiblichen Wesen die Bikinihose wieder aus ihren Furchen hervor zu kramen.
Inmitten der Anlage gibt es ein Wellenbad. In dem fühlt sich Lea Zuhause.
Gegen sechzehn Uhr beenden wir unseren Badetag. Das reicht auch fürs Erste.
Um halb fünf fahren wir mit dem Hotelbus, also das ist wirklich eine praktische Sache, in das City Einkaufscenter, einen riesigen Einkaufstempel wie man ihn überall in der Welt findet. Außer riesig und der verwendeten Baustoffe, wie Marmor und Granit, eigentlich nichts besonderes.
Es sind hier auch Restaurants untergebracht. Wir essen indisch: Reismischung mit Hühnchen und vielen höllisch scharfen Gewürzen.
Zurück im Hotel versuchen Heike und Larissa mühselig auf meinem Laptop ihre e-mails abzurufen, was allerdings ewig dauert, da ich den falschen Provider habe. Michel, Lea und ich brechen derweil zu einem Spaziergang auf. Durch die Hotelanlagen laufen wir Richtung Burj Al Arab. Auf dem Weg dorthin überprüft das Sicherheitspersonal mehrmals, ob wir denn tatsächlich im Jumeirah Beach wohnen.
Zum Burj Al Arab führt nur eine einzige Brücke vor der sich die letzte Kontrolle befindet.
Der Aufpasser zieht eine Liste mit sämtlichen 1200 Hotelgästen des Jumeirah Beach hervor und erst als er unsere Namen gefunden hat dürfen wir weiter.
Ich hatte nicht damit gerechnet soweit zu kommen und mich daher leger gekleidet.
Schade, denn mit etwas stilvolleren Klamotten hätten wir jetzt sogar hineingehen können.
So bleiben wir ein wenig vorm Eingang stehen und bewundern die in seinen Farben ständig wechselnde Bestrahlung des Hotels, den herrlichen Springbrunnen und vor allem die Edelkarossen.
Vom Mercedes über Cadillac bis zum Rolls Royce fahren hier alle Top – Automarken vor.
Nicht minder edel sieht die Schickeria aus, denen die Tür geöffnet wird und die ihren kleinen Auftritt sichtlich genießen. Hinterm Hotel flackern Lichter und es spielt eine Liveband. Genaueres können wir aber nicht erkennen.
Wir machen uns auf den Rückweg, denn für morgen haben wir eine Stadtrundfahrt gebucht.


Um 8.30 Uhr geht es dann auch pünktlich los.
Der Reiseführer klärt uns als erstes ein wenig über das Burj Al Arab auf. Das Arab und unser Hotel gehören beide dem Kronprinzen. Deshalb können wir auch, ohne etwas zahlen zu müssen jederzeit in das Arab hinein.
Das Burj ist dreihunderteinundzwanzig Meter hoch und vierzig Meter tief. Es ist das höchste Hotel der Welt und das einzige mit sieben Sternen. Es hat ausschließlich Suiten, zweihundertzwei an der Zahl und jede mindestens einhundertsiebzig und maximal siebenhundertsechzig Quadratmeter groß.
Der Kronprinz musste dafür die mickrige Summe von einer Milliarde Euro aus der Tasche nehmen.
Zumindest für das Image als exklusive Fremdenverkehrsmetropole hat es sich bereits gelohnt.
Der Reiseführer berichtet, dass die Herrscherfamilie ihr Land wie eine riesige Firma betrachtet und danach trachtet, dass es der Firma und aller darin tätigen Personen, insbesondere seinen Landsleute sehr gut geht.
Da er nicht gewählt wurde und somit auch nicht abwählbar ist, wird er die Macht bis zu seinem Lebensende inne haben.
Er muss nicht, wie in unsicheren, unterdrückenden Diktaturen mit einem Putsch oder wie in Demokratien mit der Abwahl rechnen. Daher gibt es auch keinen Grund für ihn, Geld auf die Seite zu schaffen und sein Volk zu bescheißen. Er lässt sein Volk in außerordentlichem Maße am Reichtum seines Landes teilhaben und versucht mit aller Macht eine gute Zukunft für seine „Firma“ vorzubereiten. Die Scheichs sind sich im Klaren darüber, dass der Ölvorrat Dubais nur noch zwanzig bis dreißig Jahre reicht. Bis dorthin soll der Umbruch geschafft sein.
Und dem Kronprinzen, der übrigens der Visionär in dem Königsclan sein soll, wird es gelingen, daran habe ich keinen Zweifel.
In einem Bericht der Außenhandelskammer habe ich gelesen, dass vor sieben Jahren das Bruttoinlandsprodukt Dubais noch zu über fünfzig Prozent vom Öl abhängig war und es heute nur noch unter fünfunddreißig Prozent sind.
Wenn er weiter so klug investiert und Industrie und Geld aus allen Ländern anlockt, dann ist in nicht allzu ferner Zeit das Geld aus Ölverkäufen nur noch ein nettes Zubrot.
Politik im üblichen Sinne gibt es hier nicht. Keine Lobbyisten, kein Gezänk und Gezerre um Vorteile einzelner Gesellschaftsgruppen. Ideen werden geprüft und bei Aussicht auf Erfolg umgesetzt.
Die zweite Säule seines Umbaus besteht nämlich darin, außer dem Fremdenverkehr auch Industrie aus aller Welt nach Dubai zu locken.
Hier ist die Herrscherfamilie ebenfalls sehr erfolgreich. Die Strategie keine Steuern zu verlangen, sondern lediglich Beteiligungen eines Emirati vorzuschreiben war dabei schon hilfreich.
Der größte Erfolg wird jedoch in den Freihandelszonen, von denen es mittlerweile vier Stück gibt, erzielt.
Hier dürfen Ausländer alleinige Eigentümer einer Firma sein. Nun stelle man sich einmal vor, was passiert,  wenn Firmen und Arbeiter am Monatsende Brutto gleich Netto in ihrem Geldbeutel haben.
Unnötige Bürokratie, aufgeblähte Finanzverwaltung und Kontrolle, alles hat er ausgeschaltet.
Eine der modernsten Stadtverwaltungen der Welt, in der fast alles mit geringstem Personalaufwand elektronisch erledigt werden kann, wurde hier installiert.
Warum also dem Volk fette Steuern abziehen?
Um ihm einen geringen Prozentsatz später wieder zurück zu geben? Unlogisch für ein Königshaus, das sowieso schon steinreich ist.
Der Fremdenführer schwärmt weiter vom Scheich, dem Kronprinzen und seiner ganzen Familie.

 
Niemand im Land redet schlecht über das Königshaus. Das Volk liebt seine Herrscher.
Na, jetzt übertreib mal nicht, denke ich. Überall gibt es Neider und besonders trifft es die Erfolgreichen.
Doch er ist nicht mehr zu bremsen. Er schwärmt sich immer mehr in seinen Vortrag: „Nur zwanzig Prozent der Bevölkerung sind Emiratis, aber der Scheich hat die besten Arbeitsplätze für sein Volk reserviert. Hauptsächlich staatliche Anstellungen sind dies. Es sind gleichzeitig auch die am besten bezahlten Berufe. Körperliche Arbeit bleibt für die Gastarbeiter, aus über sechzig verschiedenen Ländern.
Die Regeln für Ausländer sind von Anfang an klar definiert und jeder der nach Dubai kommt weiß, dass er sich daran zu halten hat.
Diebstahl oder Schlimmeres führt neben der Strafe auch automatisch zur Ausweisung. Banditen und Gesindel ist unerwünscht.
Wer seine Arbeit verliert und keine neue findet, verliert auch sein Visum. Laut Statistik und Reiseführer soll es daher im letzten Jahr in Dubai nur siebzig Kriminalitätsfälle gegeben haben!
Ach, das ist doch unmöglich. In einer kleinen Stadt wie unserer gibt es in einem viel kleineren Zeitraum ein vielfaches an Delikten.
Für mich ist das nicht zu glauben, doch ich werde zu einem späteren Zeitpunkt noch eines Besseren belehrt.
Der Reiseleiter ist ja selbst Ausländer, aber er ist mit der Strenge der Gesetze einverstanden. Er hat ebenfalls kein Interesse, dass Gesindel aus seinem eigenen Land sich hier einnistet und den Ruf seines Volkes beschädigt.
Was tut der Scheich noch alles für sein Volk, dass er so verehrt wird, will ich von ihm wissen?
Tja, wie schon erwähnt, fährt er fort, der Scheich hat nichts davon sein eigenes Volk zu bestehlen.
Ganz im Gegenteil. Die Scheichs der einzelnen Emirate wollen sich sogar gegenseitig mit Geschenken überbieten.
Fangen wir einmal ganz vorne an: Will ein junger Emirati, der noch nicht reich ist, eine einheimische Frau heiraten, so geht er auf die Stadtverwaltung und bittet um Geld, damit er das Brautgeschenk kaufen kann.
Er erhält dann siebzigtausend Dirham, etwa sechzehntausend Euro um das Brautgeschenk überreichen zu können.
Um die Hochzeitsfeier abhalten zu können erhält er ebenfalls Geld, keine kleine Summe in diesen Ländern.
Da er schließlich irgendwo wohnen muss bekommt er ein Stück Land und ein Haus. Wir fahren gerade an ein paar Häusern vorbei und sind schwer beeindruckt.
Das Haus wird auf Staatskosten mit Strom und Wasser versorgt.
Haben die Frauen Langeweile und telefonieren den ganzen Tag miteinander, so übernimmt diese Kosten ebenfalls der Staat.
Wird er krank, dann kann er sich kostenlos gesund pflegen lassen.
Und damit seine Kinder einmal einen guten Beruf erhalten, kann er diesen kostenlos eine gute Schulausbildung zukommen lassen.
Am Ende des Vortrages, in dem er neben der Lobhuldigen an die Scheichfamilie, auch ein paar Erklärungen zu verschiedenen Gebäuden eingebaut hat, erreichen wir das Dubaimuseum.
Es ist in einem ehemaligen Fort untergebracht. Man sollte es unbedingt besuchen. Die rasante Entwicklung vom Handwerker und hauptsächlich vom Perlentaucher ist sehr schön aufgezeigt.
Die Lage des Museums ist unmittelbar neben der Altstadt. Diese wird momentan renoviert und in ihren ehemaligen Originalzustand versetzt.
Wir befinden uns in Bur Dubai und überqueren mit einem Wassertaxi, dem Abra, den Creek.
 

Diese Boote sind auch heute noch stark frequentiert um von einer Creekseite hinüber zur anderen zu gelangen. Der Geräuschpegel der kleinen Boote entspricht teilweise der Phonzahl eines zur Landung ansetzenden Helikopters.
Wir schlendern nochmals durch Gewürz – und Goldsouq, die wir ja bereits auf eigene Faust erkundet hatten und lassen uns danach in unser Hotel zurück bringen.
Stundenlange Vorträge eines Reiseleiters, und stammen sie auch aus der Märchenwelt eines schlauen Prinzen, sind für Kinder doch recht dröge.
Obwohl, ich muss im Nachhinein feststellen, dass sie sich für zahlreiche Dinge, die teilweise bis ins Politische reichen, interessieren.
Dabei stellen Larissa und Michael sogar eigenständig Vergleiche zu dem politischen System in Deutschland an.
Das gefällt mir sehr gut.
Mögen ihre Schlussfolgerungen oft auch nicht richtig sein, darauf kommt es nicht an. Sie interessieren sich, machen sich ihre eigenen Gedanken. Das ist wichtig.
Und wer kann schon von sich behaupten für alle möglichen Probleme, politischer oder sonstiger Art, die richtigen Lösungen zu kennen?
Also, nachdem nun das Gehirn beschäftigt war, muss jetzt wieder der Rest des Körpers befriedigt werden und dazu bietet sich wiederum der Wild Wadi Park an.
In einer Nische finden wir sogar noch einige freie Liegen. Das Plätzchen liegt genau an einem künstlichen Bachlauf. Dort kommen regelmäßig die Kinder auf ihren Schwimmringen vorbei.
Die Sonne geht bald unter und es stellt sich ein Hungergefühl bei uns ein. Wir wollen diesen in einem Hotelrestaurant, das sich „Der Keller“ nennt, stillen.
Es ist im bayerischen Stil aufgemacht und klaro: Was isst man in Arabien? Weißwurscht mit Brezel. Dazu ein Mass Bier. Na dann Prost!
Gleich nach dem Essen schmeißen wir uns in unsere besten Kleider, die wir mitgenommen haben.
Wir möchten endlich das Burj Al Arab von innen sehen.
Lange Hosen, feste Schuhe und ein Hemd sind ausreichend. Mit einem hoteleigenen Elektroauto lassen wir uns hinfahren. Es ist nicht weit, in fünf Minuten ist man auch zu Fuß dort, aber ich hoffe mit dem Fahrzeug auf weniger Kontrollen und außerdem: Vor dem Hinterausgang unseres Hotels stehen ständig diese Vehikel. Die Gäste werden damit zu den einzelnen Hotelanlagen chauffiert,
gleichgültig ob es sich um eines der Strandrestaurants, die Tennisplätze, den Sportclub, den Strand oder das Burj Al Arab handelt.
Zwischen Rolls und Ferrari fahren wir mit der lächerlichen Elektrokiste vorm Eingang des Hotels vor. Die aufgereihten Portiers sehen uns überhaupt nicht. Ich komme mir vor als hätte ich eine Tarnkappe aufsitzen und sei für sie unsichtbar.
Den Eingang finden wir auch ohne die Jungs, er ist ja kaum zu übersehen.
Ich bin mir ziemlich sicher, echte Größen aus Wirtschaft und Showgeschäft machen das Geeiere vorm Haupteingang überhaupt nicht mit.
Da gibt es sicherlich einen Seiteneingang über den diese Leute ins Hotel kommen. Das Hotel ist mittlerweile zu einer Touristenattraktion wie beispielsweise der Eiffelturm geworden.
Apropos Eiffelturm. Laut unseres Reiseführers von heute Morgen ist die Lobby so groß, dass der Eiffelturm hineinpassen soll.
Wir gehen hinein und tatsächlich, das ist ja unglaublich. Ehrlich gesagt, ich weiß überhaupt nicht wie ich unseren Eindruck beschreiben soll. Gigantomanie, bombastisch, es ist völlig sinnlos auf Einzelheiten einzugehen. Es würde Seiten füllen und könnte doch niemals den Gesamteindruck wiederspiegeln.
Hier war ein Flaschengeist aus Tausend und einer Nacht am Werk.
Im Eingangsbereich ist das Filmen noch erlaubt, weiter im Inneren verboten. Aus einer versteckten Ecke konnte ich trotzdem ein bisschen die Kamera laufen lassen.

Wir sind jetzt drinnen, dann fahren wir doch auch einmal hoch in das oberste Stockwerk. Dort befindet sich ein Restaurant und eine Bar. Einen Drink wird mein Geldbeutel noch aushalten. Drei Schönheiten bewachen den Eingang.
Ein Getränk für uns alle würde ich schon ausgeben. „Tut mir leid,“ verkündet uns die Hübscheste der Dreien in perfektem Deutsch. „Kinder und Jugendliche haben keinen Einlass. Sehr wohl kann ich aber schauen ob im Restaurant noch fünf Plätze frei sind.“
„Nein danke,“ wiegle ich gleich ab. Alles was recht ist, aber es ist wirklich nicht nötig, dass ich den Bau des Hotels durch ein Abendessen mitfinanziere.
Im Hauptrestaurant unseres Hotels haben wir einen deutschen Chefkoch und der ist auch nicht schlecht.

Wir machen eine Drehung auf den Absätzen und ab geht es, zurück in den Fahrstuhl.
Unten angekommen muss Michael einmal kurz auf die Toilette. Völlig konsterniert kommt er aus dieser wieder zurück. „Also hört Mal,“ legt er gleich los.
„Die Toilette ist aus Marmor und als ich mir die Hände waschen wollte ist gleich einer geflitzt gekommen und hat mir die Wasserhähne aufgedreht. Als ich die Seife nehmen wollte hat er blitzschnell auf den Knopf des Behälters gedrückt, damit ich nur noch die Hände darunter halten musste. Danach hat er mir ein Handtuch gereicht und letztendlich mir noch die Tür geöffnet. Könnt ihr einmal schauen ob ich eine Krone auf dem Kopf habe?“ „Sei bloß froh, dass er dir nicht noch deinen Schniedel gehalten hat,“ lache ich.
Wir lassen ihn links liegen und gehen weiter. Nicht dass er uns noch größenwahnsinnig wird.

Nachdem wir noch ein wenig durch die Lobby geschlendert sind, dem Wasserspiel zugeschaut und den Geigenspielern zugehört haben, besteigen wir wieder einen Elektro-Rolls Royce und nehmen zum Abschluss noch einen Drink auf unserer Hotelterrasse.


Es ist Mittwoch. Wir schlafen lange. Steht ja nichts auf dem Programm. Nach dem Frühstücksbuffet
baden wir eine Stunde im Meer. Larissa trainiert für ihre Hochsprungkarriere und Michael und ich machen mit, soweit wir können. Danach gehen wir wieder ins Wild Wadi.
Mittlerweile sind es siebenunddreißig Grad und neunundzwanzig Grad Wassertemperatur. Um 14.00 Uhr brechen wir unser Lager ab und ziehen uns in unser Hotel zurück.
Ab 16.00 Uhr öffnen wieder die Geschäfte und dann wollen wir zum Karamamarkt. Es gibt dort Fälschungen bekannter Marken zu kaufen.
Vor sieben Jahren habe ich mir eine schöne Brille von Sting gekauft. Das Stück habe ich heute noch,
Lediglich die Gläser mussten einmal erneuert werden.
Damals waren Brillen der große Renner und in jedem Geschäft wurden größere Mengen angeboten. Das Bild hat sich mittlerweile verändert. Nicht nur dass momentan Handtaschen schwer angesagt sind, auch die Läden selber sind moderner geworden.
Heike sucht Schuhe, findet aber nichts das ihr gefallen würde.
Zahlreiche Geschäfte sind Kopien voneinander. Offenbar war einer von denen mit dem Handtaschenverkauf besonders erfolgreich und jetzt verkauft die Hälfte der Geschäfte Handtaschen.
Ich kaufe mir wieder eine Brille, eine nachgemachte Adidas für 16 Dirham von 25 heruntergehandelt, Larissa ebenfalls eine von 39 auf 30 heruntergehandelt und Lea will noch eine Taucherbrille für 11 Dirham haben.

Jetzt ist Essenszeit und wir rufen uns ein Taxi. „To the Emirates Towers,“ mache ich dem Fahrer klar.
Heike hat in unserem kleinen Reisebüchlein das Restaurant Vu’s entdeckt. Es befindet sich im einundfünfzigsten Stock der Emirat Tower und soll einen tollen Blick über die Stadt und vor allem über die Sheikh Zayed Road bieten.
Ein Buttler bewacht die Tür der Aufzüge. In der Lobby sitzen überall Geschäftsleute und Emiratis, vertieft in geschäftliche Unterhaltungen oder einfach nur einen Kaffee trinkend.
Hmm, mit unseren Urlaubsklamotten sind wir hier eigentlich falsch.  Ich gehe einmal zum Aufzugswächter und frage ihn, ob man mit dieser Kleidung in das Gipfelrestaurant überhaupt hinein kann. „Selbstverständlich, aber sie müssen dort bei der Dame reservieren,“ macht er mir freundlich klar.
Geöffnet wird jedoch erst um 19.30 Uhr. Oh Gott, das ist noch eine Stunde. Solange halten wir das nicht mehr aus.
Zehn Meter weiter ist der Eingang eines italienischen Restaurants. Ja super, denke ich. Gestern Weißwurscht mit Brezel, heute Pizzas. Wir gehen hinein. Die Pizzas sind sehr gut. Der Preis ist akzeptabel. 220 Dirham ( ca. 55 Euro ) für fünf Personen, dabei ist auch ein Gläschen Chardonnay für Heike gewesen.
In einem Ausflugslokal in Berlin hätten wir garantiert mehr bezahlt.
Das gute Essen und bestimmt auch das Bier und der Wein, haben uns in eine euphorische Laune versetzt. Jeder hat ein paar lustige Ereignisse parat. Sogar klein Lea kommt mit einer witzigen Geschichte über den Tisch.
In dieser Stimmung laufen wir durch die angeschlossene Designerpassage. Ganz am Ende, eines der letzten Geschäft vor dem Ausgang war ein Laden mit handgefertigter Glaskunst. Wir standen alle davor und fanden die ausgestellten Objekte im Schaufenster sehr schön.
Nun gibt es da ja eine Regel: Gehe niemals mit leerem Magen Essen einkaufen. Es stimmt. Der Einkaufswagen ist dann an der Kasse voll mit unnötigen Fressalien.
Seit heute habe ich zumindest für uns eine neue Regel entdeckt. Vielleicht gab es diese auch schon. Nur wir kannten sie noch nicht: Gehe niemals in angeheitertem Zustand und mit gut gefüllter Geldbörse durch eine Einkaufspassage.
Es ist schon zwei oder drei Mal vorgekommen, dass wir im Urlaub ein Erinnerungsstück gesehen hatten, welches uns auf Anhieb gefiel und das man sonst nirgendwo hätte bekommen können.
Stets war ich zu geizig und ließ den Kauf sein. Zuhause habe ich mich dann immer geärgert. Wie schön hätte es doch in die Wohnung gepasst. Aus und vorbei, verpasste Gelegenheit. Dann eben beim nächsten Mal. Dieses nächste Mal schien uns jetzt gekommen zu sein.
Kurzum, ich habe eine schöne, handgemachte Glasplatte, mit Metallständer lockere fünfzehn Kilo schwer, gekauft.
Der Preis lag zwar nicht in der Kategorie der Nachbargeschäfte, beim Juwelier daneben hätte es wohl nur ein Zifferblatt gegeben, aber billig war das Ding auch nicht.
Normalerweise kaufe ich niemals schnell, niemals.
Ich überlege alles zigmal und lasse bewusst Zeit verstreichen. Das hat sich noch immer bewährt.
Vielleicht war etwas in der Pizza, dass ich meine Regel gebrochen habe. Ich weiß es nicht.
Jetzt, da der Kauf abgeschlossen ist und wir wieder vor dem Laden stehen kommen mir alle möglichen Bedenken. Passt das Teil überhaupt in einen unserer Koffer oder muss ich noch einen dazu kaufen? Und wie ist das beim Zoll? Muss ich noch eine Menge Zoll bezahlen? Hab ich womöglich für das Stück überhaupt viel zu viel bezahlt? Und das Schlimmste: Warum habe ich nicht gehandelt?

Tja, wer handelt schon in einem Rolex, Chanel oder Cartiergeschäft? Und wenn dann solch ein entsprechender Laden dazwischen oder daneben liegt? Also mir ist überhaupt nicht der Gedanke gekommen zu handeln, weil es in Deutschland niemals möglich gewesen wäre.
Ein wenig blöd schauen wir, als gleich nach uns eine Verschleierte ins Geschäft geht, auf eine schöne Vase zeigt, ein paar Worte wechselt und sich das Stück einpacken lässt. Gehandelt und gefeilscht hat die auch nicht. Das beruhigt mich ein wenig.
Andererseits, traut sich der Verkäufer bei einer Einheimischen einen überhöhten Preis zu verlangen?
Verdammt noch mal, sage ich mir. Vergiss das Thema mit der Platte endlich. Das macht dich doch nicht arm und wenn sie für mich das Geld wert war, dann ist das doch in Ordnung.
Leicht gesagt. In der Nacht bin ich noch zweimal aufgewacht mit diesem flauen Gefühl im Magen.
Ach, da fällt mir noch eine Geschichte dazu ein, die zwar nichts mit unserem Urlaub, aber mit dem Thema Geld zu tun hat. Genau wie mich das Thema Geld bis in meine nächtlichen Träume verfolgt hat, genauso hat es einen anderen Menschen bis in ein gefährliches Koma verfolgt.
Der Mann ist etwa sechzig Jahre alt und zumindest äußerlich noch sehr fit. Er ist von normaler Größe und von drahtig, muskulöser Statur.
Ich habe von ihm eine Verkaufshalle gemietet um darin einen Second Hand Shop einzurichten. Besser gesagt es ist schon die zweite Halle, die ich von ihm gemietet habe. In einer anderen Stadt hat er ebenfalls eine ältere Gewerbeimmobilie erworben, diese mit viel Eigenleistung wieder hergerichtet und vermietet.
So kommt es, dass wir öfter miteinander zu tun haben und er mittlerweile auch schon mal privates preis gibt.
Schon seit geraumer Zeit bietet er mir seine Halle zur Miete an.
Einerseits bin ich mir mit der Lage nicht sicher, andererseits denke ich mir: Abwarten, das senkt den Mietpreis ungemein.
Seine Renovierungsarbeiten sind fast abgeschlossen und kein anderer hat die Halle gemietet. So schmiert er mir ein wenig Honig ums Maul und versucht es auf diesem Weg.
Er erzählt, er habe seit er mich kennt, mich ein wenig beobachtet und ein paar Parallelen zwischen uns bemerkt. Auch er sei kein Mensch fürs Büro, müsse immer vor Ort dabei sein, und sei, da er sich alles von Null aufbauen musste, auch in gewissen Dingen etwas geizig.
Sein einzigstes Hobby seien Waffen. Damit hat er nichts böses im Sinn, aber die Waffen haben es ihm angetan.
Jeder der nicht gerade eine Firma von seinen Eltern geerbt hat weiß: Am Anfang darf man die Stunden nicht zählen und man muss eisern sparen. Deshalb hätte er es seiner Frau auch schwer erklären können, wenn er für ein Sammlerstück eine größere Summe ausgegeben hätte. Also musste er eine zweite Sparbüchse eröffnen, von der niemand etwas wusste.
Eine uralte, rostige, vergammelte Taschenlampe, die er in seiner Werkstatt versteckte, wurde zu seiner geheimen Kasse.
Das empfand ich als ziemlich skurril, dass er vor seiner Frau so etwas machen musste. Jedenfalls nur er wusste davon.
An Silvester vor ca. fünfundzwanzig Jahren hatte er dann so schlimme Magenschmerzen, das kann er eigentlich niemandem beschreiben. Alles kam aus ihm heraus, vorne wie hinten und aus allen Poren seines Körpers. Das ging tagelang so, bis er schließlich völlig kaputt war vom vielen kotzen.
Als sein Magen nur noch Luft und gelbe Gallenbrühe ausspuckte gab sein After nur noch Blut und Magenschleimhaut von sich. Er kam dann ins Krankenhaus, wurde in der Intensivstation an Flaschen angehängt und fiel in ein Koma.
Jetzt war ich aber platt. Nicht weil ich Mitleid, angesichts eines fünfundzwanzig Jahre alten Ereignisses mit ihm hätte, sondern weil ihm genau das Gleiche widerfahren war wie mir.
Bis auf das Koma hätte alles meine Geschichte sein können. Ich war zwar am Ende völlig schlapp und habe fast nur geschlafen. Ins Koma bin ich jedoch nicht gefallen.
Während er nun im Koma lag, da ist ihm immer wieder diese Taschenlampe eingefallen.
Es hatten sich darin sechzehn Tausend Mark angesammelt und das war damals für ihn eine riesige Summe.
Er erklärt mir, dass man in so einem Koma eine Menge mitbekommt, allerdings überhaupt nichts machen oder sagen könne. Als sich dann der Arzt und die Krankenschwester unterhielten, der Arzt der Pflegerin erklärte: Falls sich die Werte heute Nacht noch weiter verschlechtern würden, seien morgen die Angehörigen über die prekäre Situation zu informieren. In dem Moment brach Panik bei ihm aus.
Eigentlich fürchtete er weniger seinen Tod, sondern er wollte unbedingt die Information an seine Frau weitergeben, dass in der alten Taschenlampe noch sechzehn Riesen versteckt sind. Bevor das nicht aus seinem Mund kommt gibt er keinesfalls den Löffel ab. Soviel stand für ihn fest. Zu mühselig hat er das Geld zusammengekratzt, als dass es auf dem Müll enden dürfe.
Es ist ihm dann gelungen die Botschaft an seine Frau weiter zu geben und somit war er aus der Welt der Halbtoten wieder ins Leben zurückgekehrt.
Er glaubt fest daran, dass ihn nur die Taschenlampe, oder besser gesagt, das Geld darin am Leben erhalten hat.
Soviel zum Thema Schlafstörungen und Unterbewusstsein im Zusammenhang mit Geld.


Es ist heute Donnerstag, der fünfte Tag unseres Urlaubs. Wir wollen einmal einen schönen Platz am Pool haben. Deshalb machen sich Heike und ich frühzeitig, knapp nach 8.00 Uhr und bereits vorm Frühstück auf den Weg an den Pool. Es sind erst wenige Liegen belegt und wir bekommen noch fünf schöne Plätze direkt am Wasser. Wir schwimmen eine Runde und gehen dann mit unseren Kindern frühstücken.
Bis ca. 14.00 Uhr faulenzen wir. Die Zeit vergeht wie im Fluge. Ich gehöre nämlich zu den zweihunderttausend Antiintellektuellen, die sich das, ach wie primitive, unzensierte Buch von Dieter Bohlen besorgt haben.
Da es von Engländern wimmelt und der Deutsche hier die Ausnahme ist, kann ich mich auch unverhohlen hinlegen und das Buch in die Höhe halten. Hej, das reimt sich: Dieter Bohlen - unverhohlen. Ich muss einmal an sein Büro eine
e-mail schicken. Das wäre doch ein schöner Titel für sein nächstes Buch.
Beim Lesen sind keine herablassende Blicke zu erwarten. Eigentlich nimmt das auch ein bisschen den Reiz, das Buch so richtig öffentlich zu lesen, denn jeder der mich kennt weiß, dass ich die Provokation liebe und wie schön wäre es doch, könnte ich einem Oberschlauen, der nur intellektuellen Quirl verkonsumiert, meine Meinung zurückballern.
Die bekannte TV Kritikerin Elke Heidenreich war vor Monaten im Grünen Salon. Als während der Diskussion das Thema auf Dieter Bohlen fiel, wurde im Saal gebuht oder überheblich gelacht. Elke forderte daraufhin alle die gebuht haben mit ihr über das Buch zu sprechen. Wie sie vermutet hatte, war niemand darunter der das Buch gelesen hatte.
Genau wie ich glaubt sie ihm jedes Wort.
Die Leute, über die er schlecht schreibt, sind alles Menschen die ihn verraten oder verkauft haben. Und wenn Elke Heidenreich, eine Frau die sich bestimmt gut in dieser Welt des Showgeschäfts auskennt, das Buch gelesen hat, dann bin ich doch in bester Gesellschaft.
Arroganz über Menschen oder Themen, das behindert meiner Meinung nach die Entwicklung des Gehirns.
Und zu guter Letzt verstehe ich ihn zu gut.
Er ist ein Wassermann.
Er muss revoluzzern, und ist es nur in der verlogenen Welt des Showgeschäfts.

Da wir um 15.30 Uhr eine Safari in die Wüste gebucht haben, beeilen wir uns jetzt, damit wir noch rechtzeitig etwas zum Mittagessen bekommen.
Im fünfundzwanzigsten Stock unseres Hotels gibt es ein argentinisches Restaurant. Das Essen ist nicht gerade ein Kracher, allerdings ist der Ausblick über den Strand und das Wohnviertel Jumeirah sehr schön.
„Hat es geschmeckt?“ fragt der Kellner und ich antworte „It was o.k.“ Larissa und Michael belehren mich, es wäre korrekter gewesen zu sagen: „It was fine.“ Meine Antwort bedeutet, dass es so einigermaßen geschmeckt hätte.
Also wenn das so ist, dann habe ich ja doch richtig geantwortet.
Als dann die Rechnung kommt, stehen nur die Getränke und kein Essen darauf. War das jetzt sozusagen ein Rabatt, weil ich sagte it was o.k.?
Wäre dem so, dann würde ich ab jetzt immer so antworten.
Selbstverständlich rufe ich den Kellner um mich zu überzeugen und klar, dass er es nur vergessen hatte.
Jetzt aber hurtig!
Ich bin zehn Minuten zu spät, doch in der Lobby herrscht ein solches Tohuwabohu, dass wir nicht um 15.30 Uhr sondern erst 16.00 Uhr abfahren.
Mit uns im Jeep sitzt noch eine Oma, die schon seit dreizehn Jahren regelmäßig in die Emirate kommt und immer ein anderes Enkelkind mitbringt. Ihr Mann unternimmt nichts und so macht sie die Safari gerne mit ihrem Enkel.
„Gott sei Dank,“ begrüßt sie uns. „Endlich einmal jemand der deutsch spricht.“ Sie erzählt, dass sie im Royal Palace wohne und dort wimmle es von Engländern. In unserem Hotel ist das ja nicht anders. Die Hausmacht bei uns haben ebenfalls die Engländer. Mich stört das überhaupt nicht.
Warum das so sei?
Sie hat ihre eigene Philosophie und denkt, dass viele Deutsche sich einen Urlaub hier wohl nicht mehr leisten könnten. „Die Briten haben mal schön ihr Pfund behalten und auf den Teuro verzichtet.“ führt sie weiter aus.
Ich weiß nicht. Wahrscheinlich sind die Deutschen einfach nur in anderen Hotels untergebracht aber so ganz Unrecht hat sie bestimmt auch nicht.
Auf der Fahrt in die Wüste sind gelegentlich ein paar Fahrzeuge neben der Fahrbahn im Wüstensand liegen geblieben.
Darunter ist auch ein LKW. Die Motorhaube ist geöffnet und davor sitzt ein Moslem, das Gesicht Richtung Mekka gerichtet und feuert seine Stossgebete gegen den Himmel ab. Also Allah wird dir die Karre nicht reparieren, denke ich. Oder willst du nur um Gnade bitten, damit dir dein Gott hilft, wenn du später unter die Augen deines Chefs treten musst?
Nach einer Stunde haben wir die Wüste erreicht, jedenfalls den Teil in dem es tolle Sanddünen gibt.
Der Fahrer lässt noch ein wenig Luft aus den Reifen. Das ist nötig, damit sich der Wagen nicht im Sand eingräbt und dann geht es auch schon los.
Acht Toyota Landcruiser erklimmen hintereinander die steilsten Sanddünen um sich gleich darauf in die Tiefe zu stürzen.

Es wimmelt hier von Jeeps. Hunderte der motorisierten Wüstenkamele sind auf den Dünen verteilt und jeder versucht noch Höhere zu erklimmen. Die Kinder toben. Sobald der Jeep über den Kamm der Düne fährt sieht man nur noch das Blau des Himmels. Fällt er dann in die Tiefe, fliegt einem sogleich der Magen bis zum Hals hoch.
Ein Jeep bleibt natürlich auch noch stecken. Die anderen sieben Fahrzeuge stehen, ach wie zufällig, genau in einer idealen Position zum filmen oder fotografieren.
Mit einem zweiten Jeep ist der versunkene schnell wieder befreit und nach einer Stunde erreichen wir eine Kamelfarm.
Länger hätte es nicht mehr dauern dürfen. Noch eine Düne und Heike hätte uns von hinten ins Genick gereihert.
Kurz darauf erreichen wir ein vorgetäuschtes Nomadendorf in dem uns unter dem Mondschein Arabiens ein Essen serviert wird.
Auch eine Bauchtänzerin führt uns ihr Können vor. Alle Männer, außer mir, müssen einmal mit ihr tanzen. Logisch, Mann ohne Bauch macht Bauchtanz? Das geht nicht.

 Ich gebe zu, dass ich ständig die Kamera vor mich gehalten habe und selbst dann den Kameramann vortäuschte, wenn diese überhaupt nicht eingeschaltet war.
Nach so viel Essen und Trinken muss ich einmal für kleine Buben und will mich in Allahs freie Natur stellen. Sogleich bedeutet mir ein Jeepfahrer ich solle dort hinten die Toiletten benutzen.
Oh, damit hatte ich nicht gerechnet. Die Nomaden hatten Toiletten. Mir soll es recht sein. Mal sehen wie so etwas aussieht. Wahrscheinlich Plumpslöcher, wie sie mir noch aus meiner Kindheit bekannt sind. Weit gefehlt. Da steht eine Toilettenanlage mit Spülung und Handwaschbecken. Waren schon verdammt fortschrittlich, diese Nomadenvölker.
Das Safariprogramm ist beendet und wir fahren wieder zurück. Gegen 22.00 Uhr sind wir dann wieder in unserem Hotel.


Den nächsten Tag, es ist der Freitag, das ist im Islam gleichbedeutend mit unserem Sonntag, beginnen wir gemütlich.
Es ist wieder Strand angesagt. Die Hotelboys reichen uns Handtücher, schieben unsere Liegen in die gewünschte Position und buddeln mit ihren Schaufeln gleich ein paar Sonnenschirme ein, damit wir einen schönen Schatten haben.
Außerdem versorgen sie uns mit allem was so ein Gestrandeter benötigt. Frisches Obst, Getränke, Essen, Eis und eiskalte Tücher.
Im Meer wird Lea auch gleich von einer Welle umgeworfen und das Salzwasser läuft ihr in Mund, Nase und wahrscheinlich auch noch in die Nebenhöhlen. Sie weint und will sofort aus dem Wasser. Da hilft es auch nichts, dass Heike ihr erklärt wie gesund und reinigend so eine Salzspülung wirkt.
Jetzt will sie nur noch in den Swimmingpool. Ihre Freundin Julia macht in der Schule bei einem Schwimmkurs mit und kann schon ein bisschen schwimmen. Lea übt daher den ganzen Tag und allmählich schwimmt sie schon wie ein kleines Fischlein.
Der Ergeiz bewirkt doch sehr viel.
Für 15.00 Uhr haben wir uns in der Fitnesshalle angemeldet. Larissa und Michael wollen trainieren und testen alle möglichen Foltergeräte aus. Sie sind nicht zu bremsen und ein Muskelkater ist ihnen für die nächsten Tage gewiss. Für den Abend haben sie sich sogar noch eine Stunde im Squash Center reserviert.
Gegen 18.00 Uhr essen wir. Auf der Terrasse des Hauptrestaurants sind noch alle Tische frei, denn wir sind wie so oft die Ersten.
Ich nehme eine thailändische Suppe. Der Chefkoch ist ein Deutscher und was er hier abliefert schmeckt alles spitze. Falls er mir noch mal in den nächsten Tagen über den Weg läuft werde ich ihm einmal ein dickes Lob aussprechen. Bestimmt hat er noch eine besondere Empfehlung, sozusagen sein Lieblingsrezept.
Während ich noch genüsslich mein Süppchen schlürfe, kommt ein Emirati auf die Terrasse. Er setzt sich genau an den Tisch gegenüber.
In seinem Schlepptau hat er drei Frauen. Er selbst ist garantiert schon über sechzig Jahre alt und die drei könnten eigentlich seine Töchter sein. Die Älteste ist um die fünfunddreißig Jahre alt, die Nächste ca. fünfundzwanzig und die Jüngste höchstens zwanzig.
Sie nehmen gleich ihre Schleier ab. Ihre Haare sind pechschwarz. Besondere Schönheiten sind es nicht. Als hässlich kann man sie aber auch nicht bezeichnen. Am besten sieht noch die knackige Junge aus. Sie müht sich auch nicht übermäßig um ihn. Am meisten baggert die Alte an ihm herum. Sie betätschelt ihn des öfteren und füttert ihn gelegentlich. Tja, Konkurrenz belebt das Geschäft.
Wenn man die Vier so vor sich sieht, so als Mann, da geht ja schon die Phantasie mit einem durch.
Ein erfülltes Sexualleben kann der Opi den Dreien bestimmt nicht mehr bieten. Da müssen die Drei wahrscheinlich selbst etwas für sich tun oder sich gegenseitig ein wenig, gewissermaßen unter die Arme oder sonst wohin, greifen.
Oder ist er doch ein Potenzprotz? Wer weiß.

 
Am nächsten Morgen, es ist Samstag, kommen zahlreiche neue Gäste im Hotel an. Als ich dann mittags am Pool liege, schwebt eine riesige Goldkette an mir vorbei. Der Träger des edlen Stückes ist ein Möchtegern Dressman, der aussieht als sei er einem schlechten amerikanischen Lachfilm entsprungen.
Er stellt sich an den Beckenrand, streckt die Kette und sein Gesicht in die Sonne und steht so gute fünf Minuten wie eine griechische Statue.
Nachdem er sich von jedem begaffen ließ, geht er ein paar Schritte zurück und zieht sein zweites Ass aus dem Ärmel, ein Ass das gleich nach seiner Kette kommen dürfte.
Eine Blondine führt er jetzt nach vorne und genießt weiter seinen Auftritt.
Damit auch wirklich jeder hinschaut, flitzt jetzt noch die Schwiegermutter mit ihrer Digitalkamera um die beiden. Er persönlich kontrolliert jedes einzelne Bild auf dem Display der Kamera, ehe er sich wieder in eine neue Pose schmeißt.
Zwischendurch marschiert er wie ein aufgeblasener Gockel an die Bar, trinkt jedoch nichts und lässt sich bei seiner Rückkehr wieder gemeinsam mit seiner Tussi fotografieren.
Ab und zu gibt es noch einen kleinen Klaps auf den Po der Blondine und danach beginnt das ganze Gehabe aufs Neue.
Nach dreißig Minuten ist seine Show beendet und Goldkette packt seine Statisten zusammen, um sich ins kühle Hotel zurück zu ziehen.
Wir selbst grillen uns noch ein weiteres Stündchen, ehe wir uns für eine Fahrt auf dem Creek vorbereiten. Der Creek ist ein Meeresarm, an dessen Ufer sich die Menschen niederließen und die Stadt Dubai gründeten.

 
Dort steht bereits eine Dhau, umgebaut mit großen Glasfenstern zu einem Ausflugsschiff, bereit.
Im Bauch, des aus Teakholz gebauten Schiffes, ist  ein Buffet vorbereitet.
Ca. dreißig Personen, verschiedenster Nationalitäten, werden vom Schiffsführer zu ihren Plätzen geleitet.
Schon bald macht sich unser Boot auf den Weg und bei einem gemütlichen Abendessen kann man die Fahrt genießen.
Fast! Wäre da nicht ein penetrantes Geseiere, das ununterbrochen aus den Lautsprechern tönt. Zwei Stunden lang nervt die immer gleiche Musik.
Schöner wäre es gewesen ein paar Kommentare zu den am Ufer stehenden Sehenswürdigkeiten zu sagen. Und sei es auch nur über ein Tonband oder auf Englisch.
Vorab habe ich mich schon ein wenig informiert und weiß daher dass zu unserer Rechten der Creekside Park liegt. Ein toller Park in dem wir vor sieben Jahren einmal spazieren gingen.
Zwischenzeitlich sollen einige neue Attraktionen dazu gekommen sein, etwa eine Krokodil Show, ein Laser Space Shuttle, ein interaktives Museum und sogar eine Rodelbahn.
Von alle dem erzähle ich natürlich nichts meinen Kindern. Disney World hatten wir letztes Jahr in Florida schon zur Genüge.
Am Stadtrand drehen wir um und fahren auf der anderen Creekseite wieder zurück.
Gläserne Wolkenkratzer, in deren Glasfassaden sich das rege Treiben auf dem Creek spiegelt, beobachten uns und unser Boot, mit dem wir bis zum Meer schippern um nach einem erneuten Wendemanöver an unsere Anlegestelle zurück zu kehren.

 

Am nächsten Morgen haben Michael und Larissa für eine Stunde einen Tennisplatz gebucht.
Lea, Heike und ich gehen derweil schon an den Pool.
Obwohl es schon dreiviertel neun ist erwischen wir noch einen tollen Liegeplatz. Ganz vorne in einer kleinen Nische, in einem Bereich in dem Lea noch stehen kann und in dem wir den ganzen Tag Schatten durch eine Palme erhalten.
Lea hatte gestern eine Freundin gefunden, eine deutsche, achtjährige Marie, die wie sie selbst sagte, etwas klein gewachsen sei und deshalb sehr gut mit Lea spielen könne. Lea hofft darauf, dass sie doch heute wieder zum Pool kommen möge.
Marie wohnt mit ihren Eltern im Burj Al Arab. Das ist wohl auch der Grund, dass Lea heute vergeblich wartet. Die haben dort einen eigenen Pool und können sich auf Wunsch an einen privaten Strandabschnitt kutschieren lassen.
Nach einer Stunde ist ihr klar geworden, dass Marie heute doch nicht kommt und sie alleine spielen muss.
Von den fünf Stunden am Pool ist Lea höchstens dreißig Minuten an Land.
Fünf Stunden am Swimmingpool, so lange. Dass ich das einmal aushalten würde hätte ich nie gedacht.
Alt und träge bin ich anscheinend geworden. Die Hitze erlaubt aber auch nichts anderes als zu Faulenzen.
Heike will, als es ein wenig kühler wird in das Wafi – Einkaufcenter.
Schon bei unserer Ankunft dort vermute ich: Hier sind wir falsch. Auf dem Parkplatz stehen lauter fette Karossen. Sogar ein Hummer, dieser exklusive amerikanische Geländewagen, Schwarzenegger fährt so einen, steht dazwischen.
Drinnen ist es noch doller. Ein riesiges Kaufhaus nur für die Bonzen von Dubai. Wir latschen durch, aber ehrlich gesagt, ich kann das jetzt alles nicht mehr sehen. Das ist ja mal ganz aufregend
, bloß irgendwann kotzt einem der ganze Protz an.
Ich beschließe, dass ich mich jetzt abseile. Heike und Larissa wollen ein wenig shoppen aber nicht hier.
„Wie viel Geld wollt ihr denn mitnehmen?“ frage ich die beiden. „Gib einmal Tausend Dirham her.“ „Na Klasse, habt ihr etwas größeres vor?“ „Vielleicht sehen wir ja Geburtstags – oder Weihnachtsgeschenke, oder ein paar schöne Kleider,“ erwidert Heike. Ich kann es vorweg nehmen. Gekauft haben sie Haarspray und ein paar Bonbons. Sparsam wie immer!

Am Hotel angekommen zeigt die Uhr kurz vor neun an. Eine gute Zeit um im Gipfelrestaurant des Burj Al Arab einen Kaffee oder Tee zu trinken.
Ich gebe es zu, wir wollen es einfach einmal genießen, in dem gigantischen Segel, das aussieht als sei es zu Glas und Stahl erstarrt, einen Kaffee zu trinken. Aber, wir haben auch einen handfesten Grund dafür.
Ulrike, meine Schwägerin, sammelt seit Jahrzehnten Zuckerstückchen. Anhand der Verpackung kann man sich mittlerweile eine Reise durch die Cafés und Restaurants zahlreicher Länder vorstellen.
Da würde es ihr vielleicht gefallen eines aus dem einzigsten sieben Sterne Hotel der Welt zu haben.
Im siebenundzwanzigsten Stock angekommen begrüßen uns die drei Empfangsdamen wieder sehr freundlich. Die Oberschöne ist wieder eine Deutsche.
Im Innern erkennen wir, dass Restaurant und Bar ineinander über gehen.
Der Kellner gibt uns ein Tischchen am Fenster in der Bar. Der Ausblick ist grandios, doch ich schnappe mir gleich einmal die Getränkekarte.
Ein Tee mit den verschiedensten Alkoholsorten oder ein Kaffee ebenfalls in unterschiedlichen Variationen kostet um die zwölf Euro.
Um sicher zu gehen, dass wir auch wirklich einen Zucker erhalten, bestellt sich Heike einen Kaffee und ich einen Tee.
Als die Bedienung unsere Bestellungen bringt, verfinstert sich unser Gesichtsausdruck.
Verschiedene Nüsse, Trockenobst, Oliven, ja sogar  Gurken werden mitserviert, Zucker suchen wir jedoch vergeblich.
Der Bedienung mache ich klar, dass wir unbedingt Zucker haben wollen. Jetzt bringt sie eine goldene Schale, voll mit braunem und weißem Zucker.
„Nicht so,“ erkläre ich ihr. „Zuckerstückchen, fein säuberlich verpackt, auf denen der Name Burj Al Arab steht , am besten darunter noch ein paar arabische Schriftzeichen, genau solchen Zucker brauchen wir.
„Eine Schachtel Feuer mit dem Konterfei des Hotels und dem gewünschten Schriftzug, das kann ich bringen,“ sagt sie uns. Nett gemeint, aber was macht eine Schachtel Feuer inmitten hunderter Zuckerstückchen.
„Verpackten Zucker, davon habe ich in diesem Hotel noch nichts gesehen,“ erklärt sie weiter.
Hier kommen wir nicht weiter. Was weiß die schon von dem ganzen Hotel. Wir genießen noch ein wenig den Anblick und die Lichter Dubais, wollen dann aber unbedingt noch einen Versuch in der Lobby starten.
Es sind etwa dreißig Tische, an denen sich die Leute verköstigen. Wir tun so, als suchten wir einen geeigneten Sitzplatz. Während wir zwischen den Tischen durchlaufen, beäugen wir genau die darauf stehenden Sachen.
Tatsächlich, kein Kaffeetrinker hat verpackten Würfelzucker vor sich liegen.
Wir kapitulieren und legen uns, zumindest zuckertechnisch, unbefriedigt in unser Bett.

Am nächsten Morgen, es ist der Montag und somit schon unser zweitletzter Urlaubstag, bekommen wir mit voller Wucht, die alte Kolonialmacht England zu spüren.
Sie wissen ja: Erobern, besetzen das Eroberte verteidigen und alles ohne Rücksicht auf Verluste, darin ist die ehemalige Weltmacht bestens ausgebildet. Ich beobachte von meiner Stellung im dreizehnten Stock unseres Hotels, wie ein Engländer bereits um 7.15 Uhr acht Liegen belegt. Darunter sind auch die drei Plätze unter der Palme, direkt am Pool, auf denen wir am Vortag so herrlich gelegen hatten.
Er bewacht diese neunzig Minuten lang und als wir gegen 8.45 Uhr zum Frühstück gehen übernimmt seine bessere Hälfte die Verteidigung. Ihrem grimmigen Gesicht nach, könnte sie durchaus der Dynastie eines englischen Freibeuters entstammen.
Säbel, Gewehre und Enterhaken, mit denen sie sich vor Jahrhunderten die halbe Welt eroberten, kann ich bei den Beiden nicht erkennen.
Den Union Jack, ihre Nationalfahne, haben sie auch nicht in den Beckenrand gebohrt. Dafür aber Badeschlappen, T-Shirts, Schirmmützchen, Sonnenbrillen und natürlich Handtücher, als Zeichen ihrer Inbesitznahme, auf den Liegen verteilt.
Merkt man es eigentlich, dass ich diese drei Plätze am Pool gerne wieder gehabt hätte?
Gut, ich gebe es zu, ich ärgere mich ein wenig, vor allem, weil man Lea immer direkt vor den Augen hatte. Sie schwimmt ja erst ein paar Tage.
Aber so ist das eben wenn einer erobert. Was interessiert den schon das tragische Schicksal der Anderen.
Es soll aber auch Typen geben die auf Rache sinnen. Rache ist ein schlechter Ratgeber und ich will deshalb überhaupt nicht über eine solche nachdenken.
Zurück im Hotel kommt mir wieder dieser verdammte Zucker in den Sinn; das stinkt mir gewaltig. Ich kann das einfach nicht glauben. Keinen verpackten Würfelzucker soll es geben. Solche Zuckerstückchen sind doch auch kleine Werbepäckchen.
Ich habe Heike bequatscht und wir fahren nochmals ins Burj Al Arab. Eine neue Taktik soll den Erfolg erzwingen.
Am Eingang stehen ja immer ein paar Boys, die den ankommenden Gästen die Autotür öffnen.
Ich warte eine günstige Situation ab und bequatsche den Oberhäuptling der Truppe. Ich erzähle ihm meine Geschichte und lasse durchblicken, dass auch etwas für ihn herausspringen würde. Er lacht nur über meine Story und erklärt, dass dies nicht seine Abteilung sei. Den interessieren doch nichts als Autotüren, denke ich und gehe von dannen.

Das ist ja voll sch.... hier! Sauladen! Ein Hotel für eine Milliarde Euro können sie bauen aber für eine werbewirksame Zuckerverpackung reicht es dann nicht mehr.
Am nächsten Morgen bin ich noch frustriert und das soll jetzt der Engländer büßen. Rache hatte ich eigentlich nicht im Sinn, doch jetzt kommt er mir gerade Recht. Von wegen in aller Frühe acht Liegen kassieren. Heute ist unser letzter Tag der soll noch mal schön gemütlich werden.
Dazu belege ich um ca. 6.30 Uhr die drei Liegen unter der Palme. Das reicht uns, obwohl wir zu fünft sind. Danach wandere ich kilometerweit den Strand ab. Die Temperatur ist angenehm. Herrlich das Wandern im feinen Sand und lauen Wasser. 
Nach dem Frühstück gehen wir wieder an den Pool. Leas Freundin Marie ist heut wieder erschienen.
Die beiden spielen den ganzen Tag im Wasser und ich bin froh den schönen Platz erwischt zu haben.


Am nächsten Morgen stehen pünktlich zwei Taxis bereit. Diese bringen uns zum Flughafen.  Zwei Schalter fertigen die Passagiere nach Frankfurt ab. Vor uns steht eine Frau von siebzig bis fünfundsiebzig Jahren. Mit ihren großen Ohrringen, fetten Fingerringen und einer unübersehbaren Halskette, entspricht sie genau dem Bild einer netten, gepflegten älteren Dame.
„Kuck mal, die Oma regt sich wegen irgendwas auf" sagt Heike. „Ja, ich habe das auch bemerkt. Bestimmt gibt es beim Einchecken Probleme.“
„Schau dir doch lieber einmal den Opa an, eine lebende Klagemauer. Den ganzen Tag muss er sich bestimmt das Gequatsche seiner besseren Hälfte anhören." Endlich sind wir an der Reihe. Wir sehen jetzt weshalb sie sich so aufgeregt hat.
Unser Flugzeug ist überbucht. Der Herr am Schalter hat ein verlockendes Angebot für uns: Wenn wir freiwillig einen Umsteigeflug über Düsseldorf nehmen, anstatt direkt nach Frankfurt zu fliegen, dann bekommen wir innerhalb eines Jahres kostenlos pro Person einen Freiflug nach Dubai und zurück spendiert. Umgerechnet sind das zweitausendachthundertzweiunddreißig Euro. Hätte ich nicht die Kinder am Bein, die natürlich dagegen sind, würde ich wohl zuschlagen. Ich wundere mich nur, warum sich die Oma so aufgeregt hat. Die sollte doch alle Zeit der Welt haben. Mehr kann sie an einem Tag nicht mehr verdienen.
Wegen des vollen Fliegers sitzen wir dann auch in der Maschine getrennt. Michael und ich in der siebzehnten und die drei Weiber in der dreißigsten Reihe.
Rund dreihundert Menschen sind hier drinnen, aber wir sitzen, wie es der Zufall so will, genau neben der Oma, die wir am Flughafenschalter bereits beobachteten. Meine Achtung vor Ihrem Mann steigt jetzt immer mehr. Wie kann man das ein Leben lang ertragen? Unmöglich, das ist bestimmt schon der Vierte oder Fünfte Lebensabschnittgefährte.
Nach zwei Stunden meint Michael: „Papa, die Alte nervt voll. Die redet andauernd auf den ein und ich muss mir das alles mitanhören.“ Stimmt, von wegen in Ruhe einen Film anschauen.
„Bla, bla, bla, schnatter, schnatter, schnatter,“ so geht das immer weiter. Opi gibt nur beipflichtende Minikommentare.
Zuerst schimpft sie über ihr Hotel, dann natürlich über das Personal und weil sie jetzt so richtig in Fahrt ist kommt noch die gesamte Verwandtschaft an die Reihe. Die ist nichts, bei der und der gefällt ihr das nicht und der Soundso ist auch nicht hinten wie vorne. Der Opa benutzt jetzt seine größte Übersprungshandlung. Er schläft oder zumindest tut er so.
Nach sechseinhalb Stunden und zwei Warteschleifen vor Frankfurt sind wir die Oma endlich los.
Zehn Tage hatten wir blauen Himmel, siebenunddreißig Grad Außen- und achtundzwanzig Grad Wassertemperatur. Das deutsche Wetter mit sechs Grad Kälte und Regen in Frankfurt hebt nicht gerade unsere Stimmung.
Mir persönlich reichen zehn Tage Urlaub auch wenn es noch so schön war. Heike würde am liebsten nur noch Urlaub machen und Lea sowieso. Ich muss noch ein bisschen etwas tun und sei es auch nur am Strand oder im Hotel einen Reisebericht zu schreiben.
Ansonsten würde ich mir womöglich auch noch ein paar Übersprungshandlungen angewöhnen. Obwohl, nein, das ist nicht möglich. Ich habe ja schließlich eine Liebe und nicht so eine Hexe zur Frau.