Die Hugenotten auf Reisen


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- Florida 2002

Floridaurlaub bei den Ami's Oktober 2002 oder Kommentare, Meinungen und ein bißchen Seelenleben eines Touristen

Einleitung

Warum eigentlich nach Florida? Hauptgrund waren die Kinder. Als wir vor ein paar Jahren im Euro-Disney Paris einen 3-tägigen Kurzurlaub verbrachten, gefiel es den Kindern dort so gut, dass wir ihnen für den Fall guter, schulischer Leistungen einen Besuch im Disney-World Orlando versprachen. Larissas Zeugnis offenbarte zwar einen kleinen Leistungsabfall, man muss ihr jedoch ihr derzeitiges Teenageralter zu Gute halten. Michaels Zeugnis war sehr gut und da sich beide bei den letzten Urlaubsreisen bereits über Langeweile beschwerten, war jetzt die Zeit für Florida reif. Außerdem ist es in Europa nicht gerade leicht im Oktober noch mit Sonnengarantie zu urlauben. Florida, das im Wüstengürtel unserer Erde liegt, ist in dieser Hinsicht schon wesentlich sicherer. Die lange Flugzeit und eine latente Terrorbedrohung muslimischer Extremisten schrecken zwar etwas ab, doch allen gefällt der Gedanke an das warme Amerika so gut, dass Bedenken zurück gestellt werden.


Am Flughafen in Frankfurt stehen scharfe Kontrollen an. Mehrmals wird unser Gepäck gefilzt. Der Zufall will es, dass kurz vor uns Paul Breitner, ehemaliger Fußballweltmeister und zur Zeit ständig auf der Mattscheibe vertreten, am ganzen Körper abgetastet wird. Er lässt es geduldig über sich ergehen, aber ein wenig verdutzt schaut er schon aus der Wäsche, als er sogar sein Jackett ausziehen muss. Es steht eine lange Menschenschlange hinter uns und bei Breitner hätte man auf jeden Fall ein paar Minuten einsparen können. Entweder der Grenzer schaut niemals die Sportsendungen oder er will die Situation für sich auskosten. Paule streckt die Arme auf Anweisung des Beamten in die Höhe. Als ihm der Grenzschützer jetzt seine Arme entgegenstreckt läuft vor mir eine der herrlichsten Jubelszenen des deutschen Fußballs ab. Breitner hat gerade im Endspiel gegen Holland den Siegestreffer per Elfmeter erzielt und im Siegestaumel stürmen Breitner und der Zöllner durch das Münchner Olympiastadion. Der Zöllner holt mich jedoch sofort wieder aus meinen Erinnerungen, als er Breitner nicht umarmt, sondern von oben nach unten und zwischen den Beinen nach gefährlichen Waffen absucht. Gefunden hat er keine, auch nicht zwischen den Beinen. Als der dann seinen Kittel wieder anzieht und im Gate nach Miami verschwindet, kann ich ein zufriedenes Grinsen des Grenzers erkennen, das er seiner Kollegin zuwirft.

Mit einer halben Stunde Verspätung erheben wir uns in die Lüfte. 10 Stunden Flugzeit. Verdammt lang. Aber irgendwie geht die Zeit relativ schnell vorbei. Die Verpflegung von Condor ist sehr gut. Über eine zu enge Sitzordnung darf ich mich als 1,97-Meter-Riese nicht beschweren. Da wird es wahrscheinlich keine Fluggesellschaft geben, die bereit wäre in der Economy-Class meine Bedürfnisse zu befriedigen. Während des Fluges müssen Einreisedokumente und Zollpapiere ausgefüllt werden. Die 1 muss ohne Aufstrich und die 7 ohne Querstrich geschrieben werden. Man ist das nicht gewohnt und so darf ich alles zweimal ausfüllen. Kleiner Trost: Ich bin nicht alleine. Außer meiner Frau und mir haben noch gut weitere 80% der Fluggäste das Vergnügen. Was soll’s, wir haben schließlich jede Menge Zeit. Die Einreise geht relativ flott vonstatten, auf jeden Fall flotter als die Ausreise aus Deutschland. Breitner ist zum Glück nach Miami geflogen und wir sind in Tampa. Obwohl, wer kennt in den USA schon einen Fußballweltmeister.

Bei AVIS haben wir bereits in Deutschland ein Auto gemietet. Ein Fahrzeug in der von uns reservierten Größe steht nicht bereit, in ca. 30 Minuten soll dies aber der Fall sein. Vor der Tür steht eine weiße, ewiglange Stretchlimousine. Ob gleich eine Showgröße einsteigt? Während unserer Wartezeit tut sich aber nichts. Wir erhalten jetzt ein Zeichen, dass unser Mietfahrzeug auf dem Parkplatz bereit stehen soll und machen uns unverzüglich auf den Weg dorthin. Es ist ein Cadillac. Er übertrifft alle Erwartungen. Gerade Mal 2000 Meilen stehen auf dem Tacho. Mit Ledersitzen, Wurzelholzimitat und unzähligen Extras, die ich eigentlich nicht brauche und die ich mich sowieso nicht zu aktivieren traue. Außer der Klimaanlage, die man allerdings in diesem Land kaum als Luxusausstattung sehen dürfte. Die Tatsache, dass das Auto noch fast neu ist, gefällt mir nicht besonders. In Deutschland kann ich Fahrzeuge, die jünger als ein Jahr sind nicht fahren. Entweder sprüht man bei uns ein Mittel in den Wagen oder es befindet sich ein Gift im Kunststoff das auf meinen Schleimhäuten äußerst schmerzhafte Bläschen und Wunden, sowie am ganzen Körper ein allgemeines Unwohlsein verursacht. Sensationellerweise habe ich während der 2 Wochen und auch danach nicht die geringsten Probleme. Offenbar kann es sich, angesichts der gigantischen Schadensersatzsummen in den USA, kein Hersteller erlauben billige Materialien zu verwenden. Ich könnte auch nur Glück gehabt haben und Cadillac verwendet genau diesen Stoff, der bei mir die Allergie auslöst, nicht. Alle haben mittlerweile in dem riesigen Amischlitten Platz genommen. Wir schweben los.

Der Hausbesitzer hat uns eine tolle Wegbeschreibung mitgegeben. Wir finden unseren Ferienbungalow ohne Probleme. Kurz vor unserem Ziel stoppen wir noch vor einem SEVEN-ELEVEN um ein paar Getränke und etwas zum Essen einzukaufen. Nach dem Aussteigen vergewissere ich mich, ob denn wirklich ein Motor im Cadillac sitzt. Und tatsächlich. Eine Auspuffanlage mit 4 Endrohren ist am Fahrzeugheck zu erkennen. Da muss wohl ein Motor dazu gehören, auch wenn wir nichts davon gehört haben. Im Supermarkt bekomme ich einen leichten Schock. Nur Schwarze, kein einziger Weißer zu sehen. Nicht dass ich etwas gegen Schwarze hätte. In meiner Heimatstadt gibt es einen der höchsten Ausländeranteile Deutschlands. Da ist man fremde Kulturen gewöhnt. Aber keinen einzigen Weißen? So habe ich das noch nie gesehen. Oder sind wir überhaupt nicht in den Staaten sondern in Afrika? Na ja egal. Wir kaufen ein paar Kleinigkeiten ein und fahren die restlichen Straßenzüge zu unserer Hütte. Dabei bestätigt sich jetzt, was ich bereits beim Einkaufen vermutete: Das ganze Viertel ist überwiegend von Schwarzen bewohnt. Lediglich die letzte Straße, mit einer Häuserreihe direkt am Wasser liegend, ist, wie ich später feststelle, ausnahmslos im Besitz von Weißen.
Vor unserem Haus angekommen, sind wir uns nicht ganz sicher. Soll es das wirklich sein?
Sieht auf dem Prospekt und im Internet viel größer und luxuriöser aus. Der Code um die Eingangstür zu öffnen stimmt. Dennoch, wir kramen den Prospekt heraus, um uns zu vergewissern. Eindeutig! Es ist das Haus. Ein echtes Lehrstück wie man aus einem unscheinbaren Haus eine echte Luxushütte zurecht fotografieren kann. Und jetzt das schlimmste: Es stinkt bestialisch, rund um das Haus und am schlimmsten in der Garage. Wir sind völlig enttäuscht, aber wir denken uns, dass wir nach den letzten beiden Urlaubsreisen wohl auch ein wenig verwöhnt sind. Vielleicht hat auch der Angriff auf unser Unterbewusstsein durch den ekelhaften Gestank unser erstes Urteil zu streng ausfallen lassen. Wir nehmen uns jetzt vor, alles nicht zu kritisch zu sehen. Der lange Flug hat uns alle sehr müde gemacht. Durch die Zeitverschiebung von sechs Stunden droht uns der Jetlag. Wir nehmen uns deshalb vor, möglichst lange wach zu bleiben. Allerdings um 20.00 Uhr ist der Kampf gegen die Müdigkeit verloren. Die Klimaanlage ist die lauteste, mit der wir es bisher zu tun hatten. Kein Wunder dass ich mehrmals in der Nacht aufwache.

Das Haus selbst ist doch wesentlich größer als es von außen den Anschein hatte. Der Pool liegt direkt vor der Terrasse und daran schließt sich nach einem schmalen Stück Rasen die Tampa-Bay an. Das Grundstück ist zu klein. Keine Chance einen Ball zu werfen oder zu treten, ohne die Gefahr auf sich zu nehmen etwas zu zerstören. Schlecht bei drei Kindern.

Am Morgen entschließen wir uns, das Frühstück auf der Terrasse einzunehmen und den bevorstehenden Sonnenaufgang zu genießen. Herrlich erhebt sich der glutrote Feuerball über die Bucht und färbt die Wasseroberfläche rot ein. Ein Anblick den ich mir in den nächsten 14 Tagen noch öfter zu Gemüte führen werde, vorausgesetzt der Himmel ist weiterhin so schön blau.

An diesem ersten Tag erholen wir uns lediglich von den Strapazen des Fluges, plantschen ein wenig im Pool und faulenzen.



Der nächste Tag ist ein Samstag und ich räume das Frühstücksgeschirr auf den Terrassentisch. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen. Das Vergnügen von gestern kann ich also gleich noch mal haben. Ich schmiere mir gerade einen Toast, als sich plötzlich das Terrassenlicht verabschiedet. In der Garage finde ich den Sicherungskasten. Eine Kontrolle ergibt, dass ein Sicherungsautomat herausgefallen ist und sich dies auch ständig nach erneutem eindrücken wiederholt. Okay, das Thema Beleuchtung auf der Terrasse hat sich ab jetzt erledigt. Ich kehre zurück und schiebe uns 2 Brote in den Toaster. Der Toaster bestimmt übrigens selbst, wie lange er toastet. Er variiert zwischen 2 Sekunden und 5 Minuten. Das macht den Toast sehr abwechslungsreich. Wenn man nicht aufpasst, kann man zwischen hell und fast schwarz jeden Bräunungsgrad erwischen. Leider nicht lange, denn jetzt kommt Heike angerannt und beschwert sich weil ihr Fön nicht mehr funktioniert. Im gleichen Moment stelle ich fest, dass auch der Toaster nicht mehr heizt. Also zurück zum Sicherungskasten. Das darf doch nicht wahr sein. Der nächste Sicherungsautomat leuchtet rot. Ich schalte die Sicherung zwar noch mehrmals ein, aber sie fällt immer wieder heraus. Toasten auf der Terrasse findet ab jetzt auch nicht mehr statt. Es ist doch klar, dass die Schönheit meiner Frau vorgeht und eine ständige Bereitschaft des Föns gewährleistet sein muss.

Die vielen Stunden, die wir mittlerweile in dem üblen Geruch zugebracht haben, hat uns die Lust auf den Pool vermiest. Also lautet der Tagesplan: Stadtplan besorgen und die Stadt erkunden. Als erstes steuern wir einen Supermarkt und einen Mall an. Der Mall besteht aus etwa 100 Läden und Restaurants. Wer das nötige Geld besitzt und bereit ist es auszugeben, ist hier bestens bedient. Dazwischen besichtigen wir noch John’s Pass Village, eine nette Touristenecke, direkt am Gulf Boulevard gelegen. Leider sind wir zur falschen Zeit dort. Besser wäre bestimmt ein Abendbesuch, wenn mehr Leben in den Gassen ist. Mehr wollen wir am ersten Tag nicht erleben und machen uns auf den Rückweg. Im Haus angekommen scheint der Gestank wie weggeblasen. Sofort lockt der Pool. In der Hitze macht das riesig Spaß. Eine leichte Brise streift von der Tampa Bay direkt über unseren Pool und ist sehr angenehm. Heike hätte es lieber etwas kühler und verkriecht sich deshalb öfters ins klimatisierte Haus. Nach geraumer Zeit ist es ihr selbst im Haus zu heiß und auch mir kommt es wärmer als am Morgen vor. Die nächste tolle Überraschung bahnt sich an. Die Klimaanlage arbeitet nicht mehr. Offenbar gibt es einen Zusammenhang zwischen Klimaanlage und Gestank, denn der ist plötzlich verschwunden. Es ist jetzt schon später Samstagabend. Belästigen will ich niemanden mehr. Somit schwitzen wir uns durch die Nacht.


Der deutsche Vermieter hat uns eine amerikanische Kontaktadresse gegeben. Es handelt sich schließlich um einen Notfall, also warum nicht Sonntags anrufen? Eine nette amerikanische Damenstimme verspricht schnelle Abhilfe. Wir haben keine Lust auf einen Techniker zu warten. Schließlich sind wir nicht 10 Stunden im Flugzeug gesessen, um unsere Zeit für diesen Mist zu vertrödeln. Wir besichtigen die Pier und suchen danach einen Bootsverleih auf. Die Pier ist ein mehrstöckiges Gebäude, mehrere hundert Meter in die Bay gebaut und sieht aus wie eine auf dem Kopf stehende Pyramide. Darin ist ein Dachrestaurant mit Terrasse und schönem Blick über die Tampa Bay und St. Petersburg, sowie zahlreiche Souvenirläden und weitere Restaurants untergebracht.

Da wir einen eigenen Bootssteg am Haus haben, will ich mich erkundigen ob ich ein Boot leihen kann. Ich habe gelesen, dass in den U.S.A kein Führerschein gefordert sein soll. Also, vielleicht sind ja die Preise bezahlbar. Dann würden wir gerne einmal einen Tag damit über die riesige Bay rasen. Leider wird daraus nichts. Der Vermieter erklärt, dass ich prinzipiell ein Boot bekommen würde. Hier in der Bay würde ich aber keinen Vermieter finden. Ich sei unerfahren und die Bay hat zu viele Riffs. Das war wohl nichts ! Beeindruckend ist noch eine nebenan stehende Lagerhalle für Sportboote. Sie ist bestimmt über 10 Meter hoch und mit einem sehr großen Gabelstapler der mit verlängerten Gabelzinken ausgestattet ist, sind dort über 200 – 300 Sportboote eingelagert worden. Sobald ein Besitzer mit seiner Limousine vorfährt wird ein Boot heraus genommen und zu Wasser gelassen. Wir kehren zu unserem Ferienhaus zurück. Am Regler der Klimaanlage hängt ein Zettel mit Telefonnummer, hinterlassen vom Klimatechniker. Ich rufe ihn gleich an und 2 Stunden später ist er nochmals hier. Im T-Shirt und mit einem gewaltigen Bauch und einer Werkzeugkiste steht er in der Eingangstür. Sein Einsatz dauert ca. 2 Stunden und am Ende erklärt er in einem klitschnassen T-Shirt vor mir: „Die Aircondition ist eingefroren, doch in ca. sechs Stunden werden wir wieder zu normalen Temperaturen zurückkehren“. Er erklärt es so oft, dass ich vermute, er will ein Trinkgeld. So wie er vor mir steht, in durchschwitzten Kleidern und dies am Sonntag, finde ich, dass er es auch verdient hat. Ich gebe ihm ein paar Dollar und freue mich auf die kühle Nacht. Doch weit gefehlt. Zwar brummt die Anlage, aber kühle Luft kommt nicht aus den Lüftungsschächten. Am nächsten Morgen sind wir wieder alle nass geschwitzt.



Es ist Montag und wir haben für heute den ersten Vergnügungspark auf unserem Ferienplan: Seaworld. Frühmorgens fahren wir los in Richtung Orlando. Quer durch Tampa geht es schließlich auf der Interstate 4 in Richtung Osten. Auffällig sind die vielen Reifenfetzen am Straßenrand. Die Interstate ist vierspurig und hat zusätzlich auf beiden Seiten Haltestreifen, sowie riesige Grünstreifen zwischen beiden Fahrtrichtungen. Was mich nervt ist das Tempolimit. Ich bin ein ungeduldiger Typ und jetzt das hier. Eine unheimlich breite Straße, unter der Motorhaube haufenweise PS und dann darfst du nur lächerliche 65 Meilen fahren. Autoquälerei! Andererseits darf man hier rechts überholen. Das entschädigt wieder. Wenn ich da an Deutschland denke, die linke Spur voll mit dauerblinkenden Autos, bestückt mit wütenden Fahrern, deren Finger ständig am Hebel der Lichthupe zieht, gerade so wie ein Revolverheld am Abzug seiner Pistole, während die rechte Spur oft kilometerweit frei ist. Irrsinnig! Ja was ist denn jetzt los? Alle Autos bremsen plötzlich scharf ab. Reifenfetzen fliegen umher und ein gewaltiger Brocken knallt auch an den Unterboden unseres Cadillac. Heike und mir jagt das Blut in den Kopf. Wäre dies bei Tempo 200 passiert, ein Unfall wäre unvermeidbar gewesen. Ein erstes Argument für eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 65 Meilen. Die restlichen Kilometer fahren wir an verschiedenen Vergnügungsparks vorbei und erreichen Seaworld. Es ist noch früh und wir erhalten einen Parkplatz nahe am Eingang. Ich bestelle Eintrittskarten für 2 Erwachsene und 3 Kinder, doch das wird nichts. Erwachsen ist man hier schon ab 9 Jahren. Vor allem wenn zu bezahlen ist. Der Preis ist brutal unverschämt. 4 X 49 Dollar für Heike, mich und die zwei „Erwachsenen“ Larissa und Michael. 1 X 40 Dollar für Lea. Zusammen mit Essen und Trinken im Park sind über 250 Dollar weg. Da wäre ich doch schon mal gerne Single. Wer aber in so einem Park in die lachenden Gesichter seiner Kinder blicken will, der muss auch bereit sein 250 Dollar rauszuknallen. Logisch, es bedarf keiner 250 Dollar um Kindern Spaß zu bereiten, doch wir müssen nun mal nicht sparen, also warum nicht. Selbstverständlich finde ich den Preis trotzdem unverschämt.



Es scheint sich alles zu lohnen. Eines der ersten Fischbecken bietet die Möglichkeit Rochen jeglicher Größe zu streicheln. Es fühlt sich sehr glitschig an, wenn man ihre „ Flügel „ berührt.

Immer wieder kommen sie am Beckenrand vorbeigeschwommen. Sie scheinen es fast zu lieben mit uns zu spielen. Nicht weit entfernt tummeln sich zahlreiche Delfine in einer großen Anlage. Auch sie kommen ganz dicht am Beckenrand vorbei. Larissa gelingt eine Berührung. Einer der spielbereiten Burschen schleppt einen Ring zu Larissa und schwimmt, als sie ihn im Wasser aufrecht hält, doch tatsächlich durch.

Am Beckenrand aus dem Wasser springen, sich wieder unter einem lauten „Ohh“ der Zuschauer, mit einer großen Spritzwelle ins Wasser fallen lassen und dabei möglichst viele Zweibeiner nass zu spritzen, das ist offensichtlich die Spezialität eines anderen Meeressäugers. Unterdessen spielt Larissa immer noch mit ihrem nassen Freund. Zu Tieren findet sie immer schnell einen Draht. Etwas anders sieht das bei Michael aus. Ich habe ihn, wohl auch ein wenig zu Unrecht , gleich nachdem wir am Parkeingang etwas zu Essen kauften, angeschnauzt. Den Tieren ist es bis jetzt nicht gelungen seine Miene aufzuhellen. Erst als wir uns der ersten Fahrattraktion nähern, der Journey to Atlantis, blitzen auch seine Augen auf.

Tiere sind nicht seine Sache, aber Geschwindigkeit und Technik, das ist eine Abteilung in der er sich wohl fühlt. Alle sind beim Anblick der Bahn begeistert, nur ich will eigentlich nicht mitfahren. Aus irgendeinem Grund hat sich Heike überreden lassen die Fahrt zu riskieren, also bin ich dann doch mit dabei. Sofort zeigt sich: Es ist immer besser standhaft zu bleiben. Wir sitzen in einem Boot, teilweise so schnell wie eine Achterbahn und dies alles, zur allgemeinen Freude der Zuschauer, im Wasser. Wer einigermaßen trocken durch die Kurven gekommen ist, wird spätestens in einer langsamen Passage von den Zuschauern endgültig nass gespritzt. Für einen viertel Dollar kann der sich nämlich das Vergnügen der Schadenfreude, die ja bekanntlich die schönste Freude sein soll, erkaufen. Mit Wasserkanonen kann er auf die vorbeischwimmenden Boote schießen. In meinem Fall ist das einem Scharfschützen besonders gut gelungen. Das Wasser ergießt sich nicht in Spritzern sondern in Kübeln über mich. Als wir aussteigen ist jeder von uns komplett nass. Es gibt kein Kleidungsstück, inklusive Unterhose, das noch trocken wäre. Bei Larissa steht das Wasser sogar in den Schuhen. So ist er halt der Ami. Zunächst knöpft er dir 250 Dollar ab, dann spritzt er dich nass, aber bitteschön klitschnass, und dann lacht er dich noch aus. Es wird zwar Stunden dauern bis wir trocken sind, erkälten werden wir uns aber hoffentlich nicht, dafür ist es einfach zu heiß. Larissa und Michael wollen sich als nächstes im Kraken, einer Achterbahn mit 7 Loopings und enormer Geschwindigkeit, trocken fönen. Der Rest der Familie lässt sich dieses Mal nicht überreden und filmt lieber den stählernen Wahnsinn aus ehrfurchtvollem Abstand. Weiß der Teufel welche Tücken der Ami hier wieder eingebaut hat. Ohne mich! „ Das Feeling in der Bahn ist saustark. Wir fahren gleich noch mal“ rufen uns die beiden zu und sind gleich wieder in dem Höllengefährt verschwunden. Viel trockener als wir sind sie zu Ende der Fahrt aber auch nicht. Zusammen schauen wir uns noch verschiedene Tiershows an, von denen „ Clyde & Seamore take Pirate Island „ besonders hervor zu heben ist. Eine zusammenhängende, sehr witzige Showgeschichte mit Seelöwen, einem kleinen Otter und 3 Personen. Von zahlreichen weiteren Shows ist noch besonders diejenige mit mehreren Killerwalen zu erwähnen. Gegen 17 Uhr verlassen wir den Park. Alles haben wir nicht gesehen. Wir sind ziemlich geschafft. Den ganzen Tag lachen, Spaß haben strengt auch an.

 

Kaum sind wir auf dem Highway juckt mein Fuß. Zu gerne würde ich die Pferde des Cadillac frei lassen. Doch sofort werde ich wieder zur Vernunft gerufen. Nein, es ist nicht meine Frau, ausnahmsweise nicht. Sie tut dies ja im Allgemeinen, doch das wäre nicht unbedingt ein Hindernis. Schlimmer, eine regelrechte Explosion ereignet sich unmittelbar vor unseren Augen. Zur Abwechslung ist es jetzt ein Zwillingsreifen eines dicken Lastwagens der sich in Einzelteile auflöst. Eine fette Rauchwolke schießt unter dem LKW hervor und wie durch ein Wunder trifft uns keines der teilweise metergroßen Stücke, die überall umher fliegen. Den Fahrer scheint das aber nicht zu interessieren, denn der fährt erst einmal so lange weiter bis auch wirklich jeder Fetzen weggeflogen ist. Eines ist jetzt völlig klar: Zumindest für die U.S.A bin ich für eine maximale Höchstgeschwindigkeit von 65 Meilen. Wer mit solchen Reifen unterwegs ist soll froh sein dass er überhaupt fahren darf. Wir sehen uns jetzt jedes Auto das am Straßenrand steht, und das sind nicht wenige, genauer an. Ganz klar. Zahlreiche alte Kisten mit Reifenschäden sind dabei. In Deutschland hätte die der TÜV längst auf den Autofriedhof geschickt. Ich hasse zwar die Regelwut der Deutschen, doch hier wäre ich mal ausnahmsweise einverstanden. Anscheinend will der Ami es nicht riskieren, dass sich irgend ein Wichtigtuer über einen Rostfleck mokiert und setzt daher überhaupt keinen TÜV im deutschen Sinne ein. Da würde mich einmal die deutsche Unfallstatistik im Vergleich zur amerikanischen interessieren. Mein Gefühl sagt mir, dass man mit der Vorschrift der maximalen Geschwindigkeit von 65 Meilen, noch fast jede kritische Situation beherrschen kann. Was nützt es da bei uns, dass der TÜV seinen kostspieligen Stempel auf ein technisch einwandfreies Auto gedrückt hat, das sich dann bei über 200 km mehrmals überschlägt oder gegen den nächsten Baum knallt.

 

Zurückgekommen nach St. Pete, wie es hier die Einheimischen gerne nennen, stillen wir unseren Hunger in einem sogenannten originalen, italienischen Restaurant. Die Portionen waren, wie meistens hier, viel zu groß. Ich vermisse hier die Restaurants, wie man sie beispielsweise in Südeuropa findet, schön am Meer oder einer Uferpromenade gelegen, mit großer Auswahl an Frischfisch und einem gewissen Flair. Vielleicht haben wir ja nur noch nicht die richtigen Ecken gefunden. Es könnte natürlich auch sein, dass es diese Ecken, zumindest hier, überhaupt nicht gibt. Angesichts der zahlreichen Fastfood-Restaurants, verteilt über die ganze Stadt, ist es mit Sicherheit auch sehr schwer für Familienbetriebe profitabel zu arbeiten. Fastfood, wer noch nicht in den Staaten war oder sich mit dem Land ein wenig auseinander gesetzt hat, der hat eine sehr beschränkte Vorstellung davon. Der denkt als erstes an MC Donalds und an Burger King. Hier steuern wir die beiden weltbekannten Appetitzügler überhaupt nicht an. Wir wollen in den nächsten Tagen, nach und nach, eine Fastfoodkette nach der anderen ausprobieren. Die Taktik, die wir dabei anwenden wollen lautet: Dort wo die meisten Autos auf den Parkplätzen stehen und die Restaurants am besten besetzt sind, dort lassen wir uns bewirten. Letztendlich mache ich das in südlichen Gefilden auch nicht anders. Dort wo die meisten Einheimischen speisen sind wir auch meistens bestens bedient worden. Heute Morgen ist mir der komplett zugeparkte Parkplatz von Bob Evans Restaurant aufgefallen. Dort wollen wir am nächsten Morgen ein Frühstück einnehmen. Und tatsächlich. Die Methode funktioniert. Wir sind alle begeistert. Alles schmeckt vorzüglich. Übrigens, man stürmt hier nicht auf den Tisch zu, der einem am besten gefällt. Der Tisch wird grundsätzlich zugewiesen.

 

Für den heutigen Dienstag haben wir uns nicht viel vorgenommen. Wir fahren zu Hubbart’s um dort eine Reservierung zum Tiefseefischen vorzunehmen. Michael hat schon Zuhause vom Angeln seines Freundes erzählt und ich denke das wird ihm gefallen. Leider ist dies mit 34 Dollar pro Kopf auch kein billiger Spaß, den wir uns für den nächsten Tag vorgenommen haben. Mit der Info um 7.15 Uhr am nächsten Morgen am Anlegeplatz zu erscheinen, machen wir uns noch auf einen kleinen Spaziergang. Viel unternehmen wir heute nicht mehr. Faulenzen, einkaufen und ein wenig im Pool schwimmen. Lea macht tolle Fortschritte im Schwimmen ohne Schwimmflügel. Es gelingt ihr sogar ohne Hilfe durch die gesamte Länge des Pools zu schwimmen. Sie ist ganz stolz, ruft jeden persönlich zum Wasser um ihre neue Fertigkeit zu präsentieren. Am nächsten Morgen müssen wir früh aus den Federn.

 

Pünktlich erscheinen wir bei Hubbart’s, doch bereits vorm Parkplatz teilt man uns mit: „Heute fährt das Boot nicht hinaus“. Hurrikane Lilly fegt momentan durch den Golf von Mexiko, hat bereits in Kuba kräftig gewütet und ich vermute dass draußen die See zu unruhig ist. So früh sind wir aufgestanden und jetzt das. Schnellentschlossen machen wir uns auf den Weg in den nächsten Vergnügungspark nach Orlando. Michael und Heike haben sich die MGM Studios ausgewählt. Auf halber Strecke fahren wir vom Highway um zu frühstücken. Wafflehouse hört sich nach einem typischen Frühstücksspezialisten an und der Parkplatz ist ebenfalls gut besucht. Sehr schön. Alles wird vor unseren Augen zubereitet: Eier, Waffeln, Pfannkuchen, Speck, Würstchen, alles schmeckt prima. Zu MGM nur soviel: Wieder genau so teuer wie der erste Park, nur 3 Fahrattraktionen, die aber nach dem Urteil meiner Kinder sehr gut waren. Ansonsten eine Menge Shows. In einer fremden Sprache versteht man vieles nicht und in den Studios von Warner Bros. in Bottrop hatten wir bereits ähnliches gesehen, dennoch fand ich Warner Bros. wesentlich besser. Eine lächerliche Kindergartennummer ist für mich die Stuntshow im MGM, verglichen mit Warner. Dort wird zum Beispiel mit dem Hintergrund des Films Police Akademie eine Stuntshow gezeigt, die eine bei weitem bessere ist, als die Show im MGM auf Basis des Filmes Indiana Jones. Mir ist es ziemlich langweilig. Ich werde jetzt so gehässig sein und alle im Park umherwatschelnden, menschlichen Fettklumpen filmen. Eigentlich müsste ich mich dieser Unverschämtheit schämen, doch der Reiz des Parks ist für mich mittlerweile gleich null und so viele fette Menschen habe ich noch nie gesehen. Das soll die Führungsmacht sein? So sieht der Weltpolizist aus? Unvorstellbar. Wer soll vor diesen Fastfoodärschen Respekt haben. Andererseits, wenn man sie im Straßenverkehr sieht, die Amis, superfreundlich und nett, äußerst zuvorkommend, niemals ungeduldig, niemals drängelnd, hupen hört sich schon fast höflich an, da könnte man ihnen diese Rolle zutrauen. Ein Volk kann man doch unmöglich nach deren Verhalten im Straßenverkehr beurteilen, sicher nicht! Trotzdem, wie geht es auf deutschen Straßen zu? Oder auf französischen? Ich darf überhaupt nicht an Straßburg denken. Wehe du hast dich dort falsch eingeordnet oder musst die Spur wechseln. Verfaulen lassen sie dich und ohne aggressive Fahrweise stehst du in 5 Jahren noch. Dort musst du dir dein Recht nehmen, hier bekommst du es. Zumindest im Verkehr ist es so. Doch wehe man hält sich hier nicht an die Vorschriften. Wer hier beispielsweise auf einem Behindertenparkplatz sein Auto abstellt ist sofort 250 Dollar los, und das auch zu Recht. Vor unserem Supermarkt in Deutschland sind ca. 10 Behindertenparkplätze. Die Hälfte davon sind stets beparkt, doch am seltensten von Behinderten.

 

Um 16.30 Uhr verlassen wir den Park und treten die Rückfahrt an. Auf halber Strecke fahren wir vom Highway ab, überprüfen kurz die Parkplätze von acht Fastfoodrestaurants und entscheiden uns für den Applebee’s.

Dadurch dass die Restaurants zumeist an den größeren Abfahrten oder in den Städten an den größten Ausfallstraßen liegen, ist es mittlerweile eine Minutenangelegenheit um einen guten Laden zu finden. Dieser Schuppen ist ein absoluter Volltreffer. Die Tische sind sehr hoch und rund. Um diese herum stehen Stühle, eigentlich eher Barhocker, die sich um 360° drehen lassen und deren Sitzflächen und Rückenlehnen mit grünem Leder überzogen sind. Die Farbe an den Wänden ist kaum noch zu erkennen. Alles ist zugehängt mit Sportgeräten wie Tennisschläger, Golfschläger, alte Ski, Schwimmflossen, Bälle u.s.w. Dazu kommen Unmengen von Sportbildern, Bildern von Showgrößen und Etiketten aller möglichen Biermarken. 3 Fernseher hängen auch noch darin. Zunächst gefällt mir das nicht, aber auch die passen hier herein. Ständig laufen irgendwelche Sportveranstaltungen im Programm, nichts anderes. Alles klasse gemacht. Wäre die Klimaanlage nicht wieder so kühl eingestellt gewesen, hier hätte man noch etwas länger sitzen können. So jedoch setzen wir unsere Fahrt fort und schwimmen Zuhause noch ein paar Kreise im Pool. Larissa und Michael spielen noch ein wenig Schach und damit ist auch dieser Tag gelaufen. Zum Wetter habe ich bisher noch nichts gesagt. Doch bei statistischen 360 Sonnentagen pro Jahr könnt ihr euch bestimmt vorstellen wie es hier aussieht. Bisher haben wir nur Sonne, blauen Himmel und gelegentlich ein paar Wolken gesehen. Sollte hier in den nächsten Tagen nicht noch ein Hurrikan oder Tornado vorbeikommen, werde ich kaum noch Worte zum Thema Wetter verlieren. Man stellt sich einfach ein sagenhaftes Wetter vor. Genau so ist es hier.

 

 Heute ist Donnerstag und Michel und ich fahren zum Pier. Wir haben dort neulich 2 Waverunner gesehen und möchten uns gerne einen mieten, gewissermaßen als kleine Ausgabe eines Bootes. Die Runner stehen zwar da, vom Vermieter ist aber nichts zu sehen. Ein netter, älterer Herr an der Information erklärt uns, dass der Vermieter nicht gerade der Erfinder der Arbeit sei und nur nach Lust und Laune erscheint. Wir sollten besser zum Gulfboulevard fahren, dort könne man am herrlichen Strand alle möglichen Touristenattraktionen mieten. Der Boulevard ist kilometerlang und in dem Abschnitt, den er uns empfiehlt waren wir bisher noch nicht. Ich frage ihn noch nach einem netten Restaurant, mit tollem Ambiente, gutem Essen und der Möglichkeit im Freien zu sitzen. „Ja, klar Hurrikan“ erklärt er, „liegt auch dort und wird alle unsere Vorstellungen erfüllen“. Na dann, schnell nach Hause, Badesachen einpacken und los geht’s zum Strand. Zwischenzeitlich ist es schon Mittag. Daher besuchen wir gleich das empfohlene Restaurant. Schlecht ist es nicht, meine Vorstellungen kann es aber nicht erfüllen. Wir sitzen im zweiten Stock auf einer Terrasse. Ansonsten gibt es wieder einmal viel Plastik als Essgeschirr. Eine unglaubliche Wegwerfgesellschaft. Abermillionen von Tellern, Bechern, Plastikmessern und Gabeln, die hier weggeworfen werden. Dazu noch die zahllosen Plastiktüten in den Supermärkten. Man muss wissen, dass die gekauften Waren immer von der Kassiererin selbst oder von einem weiteren Angestellten eingepackt werden und mehr als 3-4 Artikel stecken die nicht in eine Tüte. Dadurch hat man schnell mal 15 Tüten in seinem Einkaufswagen. Umweltbewusstsein wird hier offensichtlich in diesem Bereich noch ganz klein geschrieben. Nach dem Essen begeben wir uns sofort auf den Weg zum Strand, wo Larissa, Michael und ich auch direkt die nächste Vermietstation für Waverunner ansteuern. Bevor wir eine dieser Höllenmaschinen erhalten, erfolgt erst einmal eine ausgiebige Sicherheitsunterweisung. Unter der Androhung verschiedener Strafen für Fehlverhalten, muss ich ca. 20 Unterschriften ableisten. ( für jede Vorschrift eine Unterschrift ) Endlich, wir dürfen losbrausen. Es macht uns allen dreien gleich sehr viel Spaß. Michael schlägt sofort vor, einem vorbeiflitzenden Runner hinterher zu jagen um uns mit ihm ein imaginäres Rennen zu leisten. - Stop - Dass ich genau das nicht mache, genau dafür musste ich eine Unterschrift ablegen. Er ist sofort einsichtig. Larissa ist schon 14 Jahre und darf deshalb schon mal steuern. Sie probt auch relativ schnell die Höchstgeschwindigkeit aus. Bei Michael setze ich mich jetzt über eine Vorschrift des Vermieters hinweg und lasse ihn, obwohl er noch nicht das vorgeschriebene Alter hat, auch mal an den Lenker. Neben der Höchstgeschwindigkeit schneidet er auch gleich noch ein paar besonders scharfe Kurven, die bei Larissa einige Bewunderung hervorrufen. Die halbe Stunde ist leider viel zu schnell vorbei. Wir verbringen noch etwas Zeit am Meer und am herrlichen, weißen Sandstrand, doch schließlich haben wir genug von der Hitze. Es wird Zeit nach Hause zu fahren. Dort würfeln wir noch ein wenig mit den Kindern. Lea, die weder lesen noch rechnen kann, ( 5 Jahre alt ) würfelt die tollsten Zahlen und gewinnt auch prompt. Das gefällt ihr so gut, dass sie in den folgenden Tagen ständig das Spiel spielen will, bei dem sie, so ihre Worte, immer gewinnt. Wir überlegen noch, was man morgen unternehmen könnte. Einer schlägt vor das Tiefseefischen nachzuholen. Ich frage telefonisch nach, ob denn für morgen eine Ausfahrt geplant sei? „Morgen fahren wir garantiert hinaus“, versichert die Frau am Telefon.

 

Am nächsten Tag ist für uns wieder um 6.00 Uhr die Nacht vorbei. Irgendwie ist das einfach zu früh im Urlaub. Quer durch die Stadt brauchen wir eine halbe Stunde bis wir den Startpunkt erreicht haben. Michael und ich mieten uns Angeln. Die restlichen drei wollen nur mitfahren und beim angeln zuschauen. Die ganze Angelei bringt für mich nichts. Obwohl der Kapitän 4 verschiedene Angelplätze ansteuert habe ich keinen einzigen Fisch gefangen. Gleich am Anfang schien ich einen kapitalen Brocken am Haken zu haben, doch was mir blieb waren nur Angel und die restliche Angelschnur. Mit Köder und Haken, hat er sich in die Tiefen des Meeres davon gemacht. Gelegentlich springt ein Fisch aus dem Wasser. Leider passiert das so schnell, dass ich nicht erkennen kann, ob er mich auslacht oder gar seine Seitenflosse zum Effenberg formt. Mir schien letzteres der Fall zu sein. Beinahe hätte ich es einem von diesen glitschigen Kerlen aber doch noch gezeigt. Vom Meeresgrund habe ich ihn bis ca. 1 Meter vor die Reling hochgeleiert. Dann hat er sich, weiß der Teufel wie, vom Haken gelöst und ist ins Wasser zurück gesprungen. Bei ihm konnte ich es nun doch ganz genau sehen: Seine Heckflosse war eindeutig zum Stinkefinger mutiert. Mir reicht es jetzt. Meine Angel gebe ich Larissa. Ihr ergeht es nicht besser, was natürlich den Schluss zulässt, dass das Problem auch die Angel selbst gewesen sein könnte. Michael hat sich dann noch brutal für meine Schmach gerächt und 2 schöne Exemplare heraus gezogen.

Wie es anderen Anglern gelingen konnte teilweise über 10 Fische aus dem Wasser zu ziehen bleibt mir ein Rätsel. Entweder war es pures Anfängerglück oder waren die Köder getürkt. Um 13.00 Uhr sind wir wieder im Hafen. Wer will kann sich jetzt seine Beute, gegen ein kleines Extrageld, ausnehmen und zubereiten lassen. Eigentlich eine schöne Idee, nur, wir haben gerade Mal zwei Fische und sind zu fünft, wie sollten wir da satt werden? Nur mit Mühe kann ich Michael überzeugen unsere zwei Fische einer ebenso erfolglosen Truppe zu schenken, damit es sich wenigstens für die lohnt. Außerdem stehen gut fünfzig Angler vor uns und mein Hunger ist so groß, dass ich nicht warten will, bis deren Fische alle zubereitet sind.

 

Wir testen lieber das Pasadena Steakhouse. War keine große Nummer. Am späten Nachmittag suchen wir noch ein Sportgeschäft auf und besorgen uns noch einen Fußball, Football und ein Frisbee. Ganz in unserer Nähe haben wir einen tollen Sportpark mit Skaterpark und Spielplatz entdeckt. Am Abend, wenn die Temperaturen erträglicher sind, tummeln sich dort Hunderte von Schwarzen und wir wollen uns mit unseren Spielgeräten dazwischen mischen. Schwarze fast aller Altersklassen sind auf dem Gelände vertreten. Die Jungen trainieren teils organisiert, teils unorganisiert, während ältere Anleitung geben und noch ältere um die Sportplätze sitzen und dem Treiben zuschauen bzw. Konversation betreiben. Hier scheint sich das halbe Wohngebiet zu treffen. Wenn ich da an die Skaterbahn bei uns denke, abgelegen, möglichst weit außerhalb der Stadt, und an die Sportplätze, umzäunt und meistens mit einem Schild bespickt: Betreten des Rasens verboten, da kommen mir die Tränen. Diese Anlage hier ist richtig einladend und soll in den nächsten Tagen auch von uns genutzt werden.

 

Der nächste Tag, es ist der Samstag, fängt eigentlich völlig normal an. Die Hälfte eines schönen Urlaubs ist vorbei und so wie bisher könnte es eigentlich weitergehen. Doch Robert meldet sich aus der Heimat. Der Steuerungscomputer der Sortieranlage in unserer Firma ist abgestürzt. Offenbar ist die Festplatte kaputt. Die Arbeiter musste er bereits am Freitag alle nach Hause schicken. Auch für den kommenden Montag hat er Zwangsurlaub verkündet. Ausgerechnet jetzt, da ich im Urlaub bin, muss er sich mit dem Supergau herumschlagen. Nach dem Frühstück ziehen weitere dunkle Schicksalswolken auf. Ich befinde mich gerade im Schlafzimmer, höre noch die Kinder im Wohnzimmer herumtollen, als Michael plötzlich anfängt zu jammern. Zunächst denke ich für den Bruchteil einer Sekunde, dass sie irgendwelchen Quatsch veranstalten, doch dann werde ich sogleich misstrauisch. Nein, nein, hier stimmt etwas nicht. Und tatsächlich. Ich stürme gleich rüber und muss eine 5cm lange Schnittwunde an seinem Oberschenkel feststellen. Die Haut klafft auch gleich 1cm auseinander. Neben der Couch steht ein kleiner Glastisch an dem eine kleine Absplitterung vorhanden war. An dieser Kante hat er sich sowohl Hose, als auch Bein aufgeschlitzt. Die Wunde ist so groß, dass wir um einen Arztbesuch nicht herum kommen werden. Es ist das erste Mal, dass wir mit solch einer Situation zu tun haben. Glücklicherweise kommt es nicht auf jede Sekunde an. In dem Fall wäre ich nämlich nicht gut vorbereitet gewesen. Während unseren Fahrten durch die Stadt in der vergangenen Woche, hatte Heike ein Hospital gesehen. Wir fahren dort hin, müssen allerdings feststellen, dass es gerade renoviert wird. Ein paar Straßen weiter finden wir eine weitere Klinik, bei der es sich sogar um eine Kinderklinik handelt. Was ich jetzt in zwei Sätzen niederschreibe hat für einen echten Notfall sicherlich zu lange gedauert. Ich nehme mir für die Zukunft den Vorsatz, gleich nach Ankunft an einem Reiseziel, mich mit der ärztlichen Infrastruktur in unmittelbarer Nähe meines Feriendomizils vertraut zu machen. Man stelle sich nur vor Michael hätte sich eine Hauptschlagader aufgeschnitten. Endlich im Hospital angekommen, kümmert sich umgehend ein Krankenhaushelfer um ihn und legt einen ersten kleinen Verband an. Unterdessen muss ich ein Formular ausfüllen. Als nächstes komme ich zu einer Sekretärin, die alle Infos des Formulars, plus weiterer Fragen, die sie noch stellt, in ihren Computer eintippt. Obwohl ich bereits darauf hingewiesen wurde, dass ich nach der Behandlung sofort cash zu zahlen habe, will sie meine Heimatadresse, meine private und geschäftliche Telefonnummer und sogar meinen Arbeitgeber wissen. Jetzt hätte ich einfach den dummen Ausländer spielen sollen, ganz nach dem Motto: „Ich nix verstehen“. Denn zahlen muss und werde ich ja sowieso - in cash – nur wie viel? Es war einfach dumm, preis zu geben, Besitzer einer eigenen Firma zu sein. Das wird mich noch Geld kosten. Während mich die Sekretärin ausfragt, schaue ich mir sie etwas genauer an Sie sitzt in einem Drehsessel mit zwei Armlehnen. Ich frage mich, wie sie einerseits in den Sitz gekommen und vor allem wie sie sich aus diesem wieder befreien will. Ihre Pobacken quellen unter den Armlehnen hervor Um ihre Arme aufzulegen benützt sie besser ihre Pobacken anstatt der Armlehnen. Zwischenzeitlich ist Heike, die Michael begleitet hatte, zurück gekommen und hilft mir beim beantworten der restlichen Fragen. Als die Sekretärin sich einmal zwischendurch erhebt, um am Schrank etwas zu holen, quirlen uns die Augen, entsprechend ihrer gigantischen Pobacken über. Die Breite ihrer Pobacken, wohlgemerkt Breite nicht Umfang, dürfte mindestens 120cm betragen. Ich vermute, dass sie Besitzer eines eigenen Hamburgerrestaurants ist, gleichzeitig ihr bester Kunde ist und ich ihren enormen Verbrauch am Schluss bezahlen darf. Nachdem ich ihr die letzten Infos gegeben hatte, suche ich Michael auf. Der liegt bereits auf einer Pritsche. Nach geraumer Zeit erscheint der Arzt, betäubt die Wunde und fängt an, diese zusammen zu nähen. Ganz geschickt lenkt er dabei Michael ab indem er ihn ständig mit Fragen bombardiert. Die Methode gefällt mir, nur die vielen Infos, die Michael ausspuckt, gefallen mir nicht. So wird dem Arzt bald klar: wir haben ein hübsches Ferienhaus mit Pool, waren schon in zwei Parks mit unserer fünfköpfigen Familie und eigenem Mietwagen. Als Michel schließlich noch, nachdem er ein fettes Lob für seine tollen Sprachkenntnisse erhält, dem Arzt erklärt er habe eine Privatlehrerin in Deutschland, wird mir eines völlig klar: Jetzt zahle ich nicht nur für die dicke Fettfoodsekretärin, jetzt muss ich auch noch für den Pick Up des Arztes berappen. Und kaum habe ich den Gedanken beendet, da fragt er ihn doch wahrhaftig: „Was denkst du, wer in diesem Raum fährt einen Pick Up?“ „ Du“ antwortet Michael folgerichtig und erhält auch prompt die Bestätigung des Arztes. Mit einem freundlichen Lächeln schickt man uns zur Sekretärin. Diese präsentiert uns sogleich die Rechnung. Okay, eine ganze Hamburgerbude müssen wir nicht bezahlen, aber 300 Hamburger zu je 99 Cent könnte sie sich schon dafür kaufen. Satte 300 Dollar sind weg. Das war der Betrag für den dritten Vergnügungspark, zu dem mich Michael bereits überredet hatte. Da der Doktor dem Michael für den restlichen Urlaub Anstrengungen in den Parks sowieso verboten hat, sparen wir andererseits Geld und die Rechnung stimmt wieder. Zum Schluss muss man noch wissen, dass wir ca. eine Stunde im Hospital waren und eine Behandlung von 15-20 Minuten stattfand.

 

Nach dem Mittagessen im Ponderosa Steakhouse, das der Vermieter unseres Ferienhauses empfohlen hatte, das jedoch nicht hielt was dieser versprach, brauche ich ein wenig Ruhe. Ich setze alle Zuhause ab und besuche das Salvador Dali Museum, keine fünf Minuten von unserem Haus entfernt. Es ist eine der Hauptattraktionen Floridas und wurde mit dem höchsten Lob des grünen Michelin ausgezeichnet. Unglaubliche Doppelbilder, zahlreiche, unbeschreibbare Gemälde und dazu 6 seiner insgesamt 18 Meisterwerke sind in diesem Museum zu bestaunen. Eine einzigartige Sammlung, die selbst mich, der normalerweise kaum ein Museum besucht, fasziniert und fast 3 Stunden in ihren Bann zieht. Völlig entspannt kehre ich zu unserem Haus zurück. Kaum habe ich die Tür geöffnet, peng, da knallt mir gleich wieder der Familienstress ins Gesicht. Während meiner Abwesenheit hat Lea ihrem verletzten Bruder nachgeeifert. Mit der linken Hand hat sie die Schiebetür der Terrasse zugeworfen. Weil dies aber noch nichts außergewöhnliches ist, hat sie von der rechten Hand noch schnell den Zeigefinger zwischen Tür und Rahmen gesteckt. Absicht, nein Absicht war das selbstverständlich nicht, aber dass es am gleichen Tag wie Michaels Missgeschick passierte war schon komisch. Andererseits waren jetzt alle schmerzhaften Vorfälle, so hoffe ich jedenfalls, gleich an einem Tag erledigt. Zum Arzt müssen wir mit Leas dickem Finger nicht, aber die Fingerkuppe ist auf beiden Seiten eingeschnitten und sehr dick. Eine Lappalie ist es nicht und man muss es in den nächsten Tagen im Auge behalten. Der restliche Samstag bringt, Gott sei gedankt, keine besonderen Vorkommnisse mehr und für den kommenden Sonntag haben wir nur faulenzen geplant.

 

Zunächst frühstücken wir im rappelvollen Bob Evans, dann hängen wir ein wenig am Pool herum und gegen 15.00 Uhr nehmen wir unser Mittagessen, das gleichzeitig unser Abendessen ist, ein. Auf der Central Avenue haben wir ein Restaurant entdeckt: The Garden. Der Besitzer stammt aus Frankreich und bietet vorzügliche, mediterrane Gerichte an. Am Wochenende wird dazu Livemusik gespielt. Leider erst ab 21.00 Uhr. Schade, doch so spät können wir nicht essen. Unsere Mägen vertragen das nicht. Um 21.00 Uhr Abendessen ist uns grundsätzlich nicht möglich. Durch die Zeitverschiebung hat sich unser Problem jedoch noch verschärft. Die alten Schlafgewohnheiten konnten wir relativ schnell umstellen. Doch unser Verdauungstrakt rebellierte. Alle, außer Michael, klagten über Magendrücken. Nach dem köstlichen Essen schlendern wir noch ein wenig am North Yacht Basin entlang und bewundern ein paar riesige Gummibäume, bevor wir zu unserem Haus zurück fahren. Wir geraten noch auf die Snell Isle, eine Halbinsel mit schönem Golfplatz in der Mitte. Entlang den Boulevard’s die sich um den Golfplatz befinden, stehen recht außergewöhnliche Luxusvillen. Die meisten von ihnen haben Zugang zum Wasser. Vor den Häusern präsentieren sich neben nostalgischen Oldtimern und Sportwagen, neben riesigen Pick Ups und fetten Luxusschlitten, traumhafte Gartenanlagen. Teilweise kann man zwischen den Häusern hinweg einen Blick auf die privaten Bootsstege erhaschen an denen luxuriöse Yachten befestigt sind. Genug der Staunerei. Ich trete aufs Gas und wir verlassen die Welt der Reichen und Eitlen, welche wir uns nicht Mal im Urlaub leisten können. Zurück in unserem Ferienhaus lasse ich mich noch zu einer Runde Monopoly überreden. Obwohl ich fast nach jeder Runde meine 4000.- DM, die ich beim Überqueren des Loses erhalte, wie im richtigen Leben ans Finanzamt für die Einkommenssteuer zahlen muss, gelingt es mir als erstem einen kompletten Straßenzug zu sammeln. Wer etwas von Monopoly versteht weiss, dass dies ein entscheidender Vorteil sein kann. Meine Mitspieler kommen zu keinem kompletten Straßenzug und bevor sie sich durch gegenseitiges Tauschen zu Komplettzügen verhelfen können, haben sie auf meinen Straßen schon soviel Geld verloren, dass sie kaum noch Geld zum Hausbau besitzen. Doch nur mit Häusern und Hotels hat man überhaupt eine Chance das Spiel zu gewinnen. Meine härteste Konkurrentin Heike war mal wieder zu weich und hat zu Gunsten anderer und zu ihrem Nachteil getauscht. Das gefällt mir und könnte noch spielentscheidend werden. Larissa benötigt die Lessingstraße und bettelt mich darum an. Ich bleibe eisenhart. Von mir gibt es nichts. Sie soll arm bleiben. Und tatsächlich. Sie ist die erste die Bankrott anmeldet. Nachdem ich sie schon richtig arm gemacht hatte ist es Michael, der ihr den Gnadenstoß verpasst. Als Almosen lassen wir sie jetzt die Bank verwalten und uns Reiche bewundern, wie wir uns gegenseitig fertig machen. Zwischenzeitlich habe ich einen weiteren Straßenzug bebaut und mit diesem Michael kaltgestellt. Heike ist es gelungen auf der Schlossallee ein Hotel und auf der Parkstraße zwei Häuser zu platzieren. Damit kann sie sich noch eine zeitlang wehren, doch nachdem ich mir noch einen weiteren Straßenzug unter die Finger gerissen habe, geht auch sie einem sicheren Ende entgegen. Michael und Larissa sitzen noch um den Tisch und bewundern meinen unermesslichen Reichtum. Meine Häuser habe ich übrigens so wie die herrlichen Villen auf Snell Isle aufgestellt, sodass man sich einen tropischen Garten davor vorstellen kann. Mein Hotel auf der Elisenstraße ähnelt stark dem Don Cesar in St. Petersburg, einem der exklusivsten Herbergen Floridas. Ja eindeutig, ich bin einer dieser steinreichen Typen auf der Snell Isle geworden. Ich werde jetzt meine Familie verlassen, nur noch auf den In-Discos und In-Partys der Reichen herumhängen und mich von zahlreichen jungen Püppchen verwöhnen lassen. Ja, geil, endlich bin ich drinnen im richtigen Leben. Ich sitze vor Geldbergen, bin Besitzer von zahlreichen Immobilien, ja sogar Bahnhöfe sind mein Eigentum. Ich stürme vor die Tür um in meinem Ferrari loszubrausen. Verdammt, wo ist das Ding? – Egal -, da nehme ich eben die Luxusjacht mit Personal auf der Rückseite meines Hauses. Ich rufe noch meinen Bodyguards zu: „Jungs beeilt euch“ und gehe geradewegs zum Steg. „Wo ist mein Boot? Warum kommen nicht meine Bodyguards?“ Oh Gott, die Realität hat mich eingeholt. Alles war wohl doch nur ein Spiel, verdammt realistisch aber halt doch nur ein Spiel. Ob ich es im richtigen Leben einmal so knallhart wie im Spiel probieren soll? Vielleicht komme ich dann doch noch auf die Snell Isle.

 

Während ich diese Zeilen schreibe sitze ich auf der Terrasse vor unserem kleinen Swimming Pool. Es ist morgens gegen 7.30 Uhr in Florida, blauer Himmel und die Sonne geht gerade auf. Zwanzig Meter vor meinem Schreibtisch tauchen drei Delfine auf. Diesen sagenhaften Augenblick kann man mit keinen Millionen erkaufen.

 

( Wer dieses kleine Happy End so stehen lassen will soll jetzt nicht weiter lesen. Für den Rest der Leser: Nichts spricht selbstverständlich dagegen steinreich zu sein und dennoch solche Augenblicke zu erleben. Die Frage ist nur ob man sich dann die Fähigkeit erhalten hat diese zu erkennen oder ob man sich überhaupt noch die Zeit dafür nimmt.)

 

Nach dem Frühstück bei unserem Fastfooder suchen wir einen Gartencenter, Spezialist für tropische Pflanzen auf. Wir möchten gerne ein Orangenbäumchen für unsere Schwägerin als Weihnachtsgeschenk kaufen. Jedoch, die Bäume sind alle zu groß und wenn ich an die Behandlung meiner Koffer im Flughafen denke, kann ich mir nicht vorstellen dass das Bäumchen die Reise nach Germany überlebt. Wir lassen den Gedanken wieder fallen. Heike scheint darüber enttäuscht zu sein und damit sie auch wirklich einen Grund für ein finsteres Gesicht hat, reißt sie die Tür des Cadillac dermaßen schnell auf, dass ihr die Ecke der Tür brutal ans Schienbein knallt. Mit bloßem Auge kann man das Anschwellen der Beule beobachten. Auf kürzestem Weg fahren wir nach Hause und als sich Larissa jetzt im Pool, durch eine ungeschickte Drehung noch einen Nerv im Nacken einklemmt, bin ich der Einzige in Originalzustand. Das kann ich so nicht stehen lassen. Überschläge, Saltos, Kopfsprünge, Bauchplatscher haben wir ja schon die ganze Zeit produziert. Da bietet es sich doch an einmal einen Salto im flacheren Bereich des Pools anzubringen. Und da ich dies auch gleich in die Tat umsetze rausche ich prompt mit dem Schädel auf den Poolboden. So, jetzt habe ich ebenfalls meine Beule. Zum Glück ist die Sache recht glimpflich verlaufen. Dass dies an meinem sturen Schädel liegen soll, wie der Rest der Familie behauptet, muss ich allerdings aufs schärfste zurückweisen.

 

Mittlerweile sind wir wieder hungrig. Am Beach Drive gibt es ein Restaurant, erbaut im Kolonialstil, das wir jetzt besuchen wollen: The Moon under water. Wir sitzen auf der Veranda mit schönem Blick auf den Yachthafen. Angeboten werden 29 verschiedene Weine, Guinessbier und acht Sorten Zapfbier. Zum Essen bestelle ich eine vorzügliche Suppe, eine Mischung aus Bohnen und Gemüsesuppe. Danach nehme ich, genau wie der Rest der Familie ein Cordonbleu mit French Fries, das typisch Ami, im Hamburgerbrötchen serviert wird. Das gefällt mal wieder Larissa. Heike und ich sind nicht so sehr davon überzeugt. Der Kellner ist, wie sonst das gesamte Bedienpersonal mit dem wir bisher zu tun hatten, äußerst freundlich, nett und zuvorkommend. Unfreundlichkeiten oder schlechte Laune am Gast ablassen ist hier nicht möglich. Solche Zeitgenossen würden am Hungertuch nagen. In den meisten Fällen leben die Bedienungen ausschließlich vom Trinkgeld und haben keinen anderen Lohn. Der Gast ist noch ein echter König. Das Trinkgeld beträgt hier zwischen fünfzehn und zwanzig Prozent vom Rechnungsbetrag. Am Anfang konnte ich das kaum glauben. Bei einer Rechnung in der Höhe von 50 Dollar soll ich 10 Dollar Trinkgeld geben. Das erscheint mir gewaltig viel. Also spioniere ich ein wenig auf den bereits verlassenen Nachbartischen umher. Tatsächlich, es besteht kein Zweifel. Es wurden jeweils 20% Tipping ausgewiesen. Der Kellner im „The Moon under Water“ hat übrigens sein Trinkgeld in Höhe von 18% gleich selbst mit auf die Rechnung geschrieben. Das ist uns bis jetzt auch zum ersten Mal passiert. Er wollte bestimmt kein unnötiges Risiko eingehen. Unübersehbar für ihn, dass wir Touristen sind, die schlimmsten Falls keine Ahnung von den amerikanischen Gepflogenheiten haben. So wollte er vermeiden, leer auszugehen.

 

Viel passiert nicht mehr am heutigen Tag und der nächste Morgen ist schon bald gekommen. Zur Abwechslung frühstücken wir einmal bei Dennys. Wir sind schön öfters daran vorbei gefahren und stellten fest, dass es ebenfalls stets gut besucht ist. Diese Restaurantkette soll für ein gutes Frühstück bekannt sein. Auf der Karte werden 2 Seiten Frühstück angeboten. Ich bestelle Wurst, Eier, gebratene Kartoffeln und gebratenen Schinken. Normalerweise ist das für mich ein Mittag oder Abendessen. Schmeckt nicht schlecht zum Frühstück. Zufrieden, mit gut gefüllten Bäuchen rollen wir mit unserem Auto nach Tampa ins MOSI. Das hat nichts mit diesem Lackaffen zu tun, der sich in Münchens High Society tummelt und alten Omas völlig überteuerte Klamotten unterjubelt. MOSI steht für Museum of Science and Industries. Hier gibt es neben einem IMAX-Kino auch die Möglichkeit sich einen künstlich produzierten Hurrikan um die Ohren blasen zu lassen. Außerdem werden 450 interaktive Aktivitäten angeboten. Der Prospekt für das MOSI gibt nicht soviel her, so dass mir der Vorschlag MOSI, der von Heike kommt, eigentlich nicht so sehr gefällt. Im Museum drinnen bin ich schnell vom Gegenteil überzeugt. Natur, Leben, Technik, alles wird in verschiedenen Aktivitäten den Kindern erlebnisreich und spielerisch näher gebracht. Insgesamt haben wir genau so lange dort zugebracht wie in den Vergnügungsparks von Orlando.

 

Am nächsten Tag, es ist mittlerweile Dienstag, haben wir eine Stadtrundfahrt mit einem uralten Amphibienfahrzeug vorgesehen. Das knallgelbe Gefährt ist uns schon mehrmals in die Quere gekommen und alleine sein Aussehen verspricht einiges. Schade allerdings, dass das heiße Gerät nicht kommt. Hoffentlich ist es nicht in der Tampa Bay versunken. Nach einem sehr guten Mittagessen im heißgeliebten Applebee’s will Heike in ein Outlett Center in Ellenton, vor den Toren St. Petersburgs. Hier werden teilweise nur die halben Preise dessen verlangt was auf den Preisschildern steht. Ich bin misstrauisch und bezweifle dass man hier wirklich etwas spart. Mit Sportschuhen kenne ich mich ein wenig aus, also schaue ich dort mal etwas genauer nach. Und es stimmt. Ein paar Fußballschuhe von Nike kosten gerade mal die Hälfte wie in Deutschland. Ähnlich verhält es sich mit Laufschuhen und man erhält Modelle, die es in Deutschland noch nicht, oder niemals gibt. Einkaufen gehen hasse ich und kaufe mir auch nichts. Heike gefällt sich nicht in dem Zeug das sie anprobiert. Nur Larissa würde am liebsten in jedem Laden etwas haben wollen. Sie erhält eine Jacke und bekommt noch zum halben Preis einen Pullover dazu. Man stelle sich diesen Rabattfrevel einmal in Deutschland vor. Irgendwelche Interessensgruppen, die solche Rabatte nicht geben wollen oder können, fänden garantiert einen Paragrafen von 1890 mit dessen Hilfe sie vor Gericht solche Aktionen zu Gunsten der Verbraucher zu verhindern wüssten. Michael hat am Ende des Ladenrein-Ladenraus-Nachmittags nichts gefunden und wird noch kurz vor der Abfahrt zu einem Paar Nike Sportschuhen verdonnert. Er braucht eh ein paar Neue für die Schule.

 

Gott sei Dank fahren wir endlich nach Hause. Mir brummt noch der Schädel von meinem bescheuerten Sprung in den Swimming Pool. Ich lege mich früh zum schlafen und wache auch prompt in der Nacht um 2.30 Uhr auf. Unzählige Gedanken jagen mir durch den Kopf. Die Meisten drehen sich um meinen kürzlich verstorbenen Freund Peter. Einerseits ist es sehr nervenaufreibend, andererseits möchte ich die Erinnerungen alle behalten.

 

Am nächsten Morgen, Donnerstag und letzter, echter Urlaubstag, bin ich ziemlich gerädert. Wir checken die Wunde von Michael und weil sie gut verheilt, besuchen wir Busch Gardens, einen Vergnügungspark in Tampa, also direkt vor unserer Haustür. Alles dreht sich darin um das Thema Afrika. Man findet eine gute Mischung aus zoologischem Garten bespickt mit einer Menge Fahrattraktionen. Hauptsächlich Tiere aus Afrika wie Elefanten, Nashörner, Giraffen, Zebras, Löwen, Tiger, Krokodile, Straußen u.v.m. nehmen ca. die Hälfte des Parks ein. Dazu sind fünf Achter- mehrere Wasserbahnen und viele sonstige Fahrattraktionen, die auch für Kleinkinder geeignet sind, aufgebaut. Die Fahrgeschäfte sind so zahlreich, dass Michael den Park mit der Bemerkung verlässt: „Mir reicht es, eine weitere Achterbahnfahrt hätte ich nicht mehr ausgehalten“. Na bitte, wir mussten überhaupt nicht bis Orlando fahren um die Befriedigung eines Achterbahnfans zu erreichen. Einen entscheidenden Anteil daran hatte die Montubahn, die an einer Stelle das 3,8fache Körpergewicht auf ihn wirken ließ und ihm gewaltig auf den Magen drückte.

Nach dem Abendessen, alle wollen jetzt nur noch zu Applebee’s, spielen wir noch eine Runde Monopoly. Ich gebe frühzeitig auf. Hauptsächlich Michael hat mich als seinen Hauptgegner ausgemacht und kämpft mit allen möglichen Mitteln gegen mich. Das macht mir keinen Spaß. Da schaue ich lieber noch ein wenig Fernsehen. Außerdem ist morgen Freitag und somit unser Abflugtag. Es wird kein Fehler sein gut ausgeruht aufzuwachen.

 

Bereits um 9.00 Uhr, eine Stunde zu früh, erscheint die Putzkolonne zur Endreinigung. Wir haben sowieso schon alles gepackt, also geben wir das Haus frei. Abflugzeit ist erst heute Mittag um 15.45 Uhr. Eine lange Zeit bis dahin. Wir überbrücken sie in dem Mall, den wir bereits nach unserer Ankunft besuchten. Dort ist es angenehm klimatisiert und vielleicht finden wir ja noch eine Kleinigkeit als Erinnerung. Larissa hat natürlich wieder sofort eine Hose gefunden. Mir kommt es so vor, als hätte sie bei solchen Gelegenheiten schon eine gewisse Cleverness entwickelt, um irgendwelche Modeartikel in ihren Besitz zu bringen. In einer kleinen Bildergalerie finde ich noch ein paar Sportposter für unseren Flur. Schnell sind drei Stunden vorbei und wir fahren vorsichtshalber rechtzeitig zum Flughafen.

 

Dort erwartet uns eine nette Überraschung. Das Flugzeug hat vierzehn Stunden Verspätung. Im ersten Moment denke ich, mein mieses Englisch kommt zur vollen Entfaltung und ich habe etwas falsch verstanden. Aber nein, auch als ich mich bei anderen Passagieren erkundige komme ich zu keinem erfreulicheren Ergebnis. Condor organisiert eine Übernachtung im Park Plaza mit Lunch und Dinner. Angesichts dessen, dass Condor über 260 Passagiere unterbringen muss, wird die Angelegenheit ganz gut abgewickelt. Ein Mangel liegt lediglich darin, dass das Hotel nur einen Bus hat um die Gäste vom Flughafen abzuholen. Die Haltestelle liegt im Freien und da hat’s über dreißig Grad. Wir sind als erste an der Haltestelle und nach und nach füllt sich diese immer mehr mit Mensche Jetzt wäre es gut, wenn es sich bei den anderen Leuten um Amis und nicht um Deutsche handeln würde. Warum?


Der Ami liebt die Line, also eine sogenannte Warteschlange, der Deutsche die Klumpenbildung. Während ich den Menschenhaufen beobachte wird mir klar, dass ich wohl keinen Sitzplatz bekommen werde. Als dann aber der Bus erscheint, habe ich kaum Hoffnung überhaupt einen Platz zu bekommen. An der Körperhaltung der anderen ist schon zu erkennen, dass jetzt vordrängen angesagt ist. Mir selbst gelingt es ins Auto zu kommen. Der Rest der Familie schafft es aber nicht einmal bis zur Tür. Ich steige wieder aus und grinsend platziert sich ein letzter Stinkstiefel auf meinen Platz. Meinen Zorn kann man vielleicht verstehen, wenn man weiss, dass wir auf den Bus schon über eine Stunde gewartet haben.


Unsere Klamotten kleben mittlerweile an unserem Körper und Michael und Lea haben sich zu einem Unruheherd entwickelt. Ich will jetzt, dass wir bei der Rückkehr des Busses mitfahren können und weise alle Familienmitglieder darauf hin, unbedingt einzusteigen. Nach einer viertel Stunde ist der gleiche mickrige Bus wieder hier. Er stoppt so ungünstig, dass die zuletzt gekommenen optimal zusteigen können. Die tun das auch gleich, obwohl sie genau wissen, dass sie die letzten waren. Für mich sind sie die letzten Ärsche, denn ich bin jetzt geladen. Die Haltestelle nimmt die Form eines Footballfeldes an. Alle, außer vier Personen sind zu meinen Gegnern geworden. Spielregeln beim Football kenne ich nicht. Ich brauche auch keine mehr. Niemand hat sich hier an Spielregeln gehalten. Deshalb stelle ich die Regeln auf die da lauten: Wir steigen als erstes ein! Basta! Sollte sich noch einer vordrängen werde ich ihn zunächst mündlich, und falls dies nichts nützt, körperlich angreifen, gleichgültig wie groß und kräftig er sein mag.


Es ist soweit. Der Bus kommt und das Spiel ist eröffnet. Als er noch ca. fünfzehn Meter von uns entfernt ist, trete ich auf die Straße um ihn für uns in eine günstige Position zu bringen. Die Dränglermeute lauert auf einen Fehler, doch da können die lange warten. Als der Bus zu weit vor fährt, schirme ich mit dem Körper die Tür ab. Keiner hat eine Chance. Erst als wir alle einen Platz gefunden haben, gebe ich den Weg für vier weitere Gegner frei. Am Hotel angekommen, man wird es kaum glauben, da zwängt sich doch tatsächlich ein Krawattenfuzzi aus der hinteren Sitzbank, zwischen Vorderbank und Schiebetür hindurch, stürzt zur Rezeption und schnappt uns das letzte Nichtraucherzimmer vor der Nase weg. Einfach unfassbar. Typen gibt es. Am liebsten hätte ich ihn mitsamt seinem Anzug an der Krawatte geschnappt und an den großen Kronleuchter im Eingang gehängt. Doch warum sich an so einem schleimigen Heini die Finger verschmieren?

 

Die Nacht ist kurz und am nächsten Morgen teilt man uns im Flughafen mit, dass unser Flug sich um zwei weitere Stunden verspätet. Wir erfahren, dass der Flieger in Deutschland nach dem Start einen Turbinenschaden hatte, über dem Atlantik den Sprit abließ, nach Frankfurt zurückflog und dort das Triebwerk wechselte. Gott sei Dank ist das nicht bei uns passiert. Da habe ich lieber sechzehn Stunden Verspätung.

 

Für den Rückflug ist es uns gelungen, bei Condor Komfortklasse zu buchen. Schön für meine langen Haxen. Hier erhält man ein Menu zur Auswahl und die Kinder bestellen sich eigene DVD Player. Der Flug ist ruhig, ohne Vorkommnisse. Über weite Strecken ist der Blick von Wolken versperrt, doch genau über Paris reißt die Wolkendecke auf und gibt einen sagenhaften Blick auf Paris bei Nacht frei. Aus zehntausend Metern können Michel und ich sogar den Eiffelturm ausmachen. Eine schöne Urlaubsreise ist leider zu Ende, doch so wie ich Heike kenne, sitzt sie morgen schon wieder vorm Computer um das nächste Reiseziel ausfindig zu machen.